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Debatte über die Folgen des Krieges

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Geflüchtete Menschen in einem der Zelte einer Flüchtlingsunterkunft. Hessische Städte und Gemeinden kommen bei der Unterbringung mittlerweile an ihre Grenzen und sehen sich alleingelassen. © DPA Deutsche Presseagentur

Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir (Grüne) hat im Landtag die Hilfsprogramme des Staates zur Linderung der finanziellen Folgen des Krieges in der Ukraine verteidigt. Bund und Länder hätten Entlastungspakete geschnürt und große Summen bewegt, sagte er gestern. Gleichwohl ist klar: Viele Kommunen sehen sich am Limit, was die Aufnahme von Flüchtlingen betrifft.

Die hessische Landesregierung hatte unter anderem ein milliardenschweres Hilfspaket geschnürt, mit dem die finanziellen Folgen der Energiekrise für Menschen, Unternehmen, Vereine und Institutionen im Land abgefedert werden sollen. »Wir sind noch lange nicht durch«, betonte Al-Wazir. Es gebe noch viele Menschen, die wirklich hart kämpfen müssten. »Aber wir kriegen das langsam in den Griff.« Von den Bürgern, der Wirtschaft und dem Staat sei viel Energie gespart worden, deshalb habe der Winter vergleichsweise erfolgreich überstanden werden können. Beim Energieeinsparen dürfe nicht nachgelassen werden, betonte der Wirtschaftsminister.

Al-Wazir: Wir sind noch nicht durch

Linkenfraktionschef Jan Schalauske erklärte dagegen, dass Hessen nicht stabil durch die Krise komme. Die Inflation führe bei vielen Menschen zu massiven Reallohnverlusten. Die soziale Ungleichheit verschärfe sich. Es gebe lange Schlangen bei den Tafeln. Das Hilfspaket der Landesregierung sei nicht ausreichend.

Unterdessen lehnte der Landtag die Idee der Linke ab, Flüchtlinge zur Not per Zuweisung in privaten Gebäuden unterzubringen. In einem Punkt bestand zwar fraktionsübergreifend Einigkeit: Die Kommunen sind mit der Unterbringung von Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine und Asylsuchenden aus anderen Ländern im Moment sehr stark gefordert, teilweise auch überfordert. Damit hörte die Einigkeit aber auch schon wieder auf, als am Dienstagabend ein Gesetzentwurf der Linksfraktion debattiert wurde. Die Linken wollen den Kommunen die Möglichkeit geben, private Gebäude, etwa leer stehenden Büroraum, zur Unterbringung von Flüchtlingen zu nutzen, auch gegen den Willen der Eigentümerinnen und Eigentümer. Die aktuell enge Situation auf dem Wohnungsmarkt sei »hausgemacht«, sagte die Linken-Abgeordnete Saadet Sönmez zur Begründung des Vorstoßes. In Hessen seien jahrelang zu wenig Sozialwohnungen gebaut worden, auch anerkannte Flüchtlinge säßen teils jahrelang in Gemeinschaftsunterkünften fest. Um die aktuelle Lage abzumildern, wolle man »die rechtlichen Möglichkeiten der Kommunen erweitern«. Mehr als drei Monate leer stehende Gebäude könnten in einer zuvor festgestellten Notsituation sichergestellt und für Geflüchtete genutzt werden. »Die Eigentümer erhalten dafür eine Entschädigung«, so Sönmez. Aus den übrigen Fraktionen und der Landesregierung schlug dem Gesetzentwurf der Linken breite Kritik entgegen. Lediglich Heike Hofmann von der SPD befand ihn als »diskussionwürdig«, brachte aber bereits deutliche verfassungsrechtliche Bedenken vor. So stelle sich etwa die Frage, an welche Bedingungen die Verhängung einer Notlage geknüpft werde.

Beuth lehnt Linken-Vorstoß ab

Innenminister Peter Beuth (CDU) lehnte den Entwurf der Linken ab. Er sei »untauglich« und verfassungswidrig, weil er auf eine »Enteignung von Wohnungs- und Grundstückseigentümern« hinauslaufe. Der FDP-Abgeordnete Jörg-Uwe Hahn monierte, der Gesetzentwurf stelle »eine Bagatellisierung der Probleme« dar, weil ein paar beschlagnahmte Häuser in der aktuellen Lage kaum helfen könnten.

Die SPD-Fraktion macht sich unterdessen für die Förderung von Mitarbeiterwohnungen zur Entlastung des Wohnungsmarktes stark. Der Mangel an bezahlbarem Wohnraum werde auch zu einer ernsthaften Bedrohung für die Wirtschaft im Land, sagte die SPD-Wohnungsexpertin Elke Barth.

Wiesbaden - Am späten Dienstagabend geht es im Hessischen Landtag um die Besoldung der hessischen Beamtinnen und Beamten, ein heikles Thema, das das Landesparlament schon seit Jahren umtreibt. Bereits im November 2021 hatte der Hessische Verwaltungsgerichtshof in Kassel entschieden, dass die Bezahlung der Staatsbediensteten teils seit Jahren zu niedrig und damit verfassungswidrig ist.

Das Gesetz, mit dem die schwarz-grüne Landesregierung diesen Zustand zumindest zum Teil reparieren will, wurde nun zum zweiten Mal im Plenum debattiert. Und die Fronten zwischen den Koalitionsfraktionen und der Opposition blieben auch nach der Anhörung im Innenausschuss, bei der unterschiedliche Verbände und Sachverständige zum Teil deutliche Kritik an dem schwarz-grünen Gesetz geübt hatten, verhärtet.

Innenminister Peter Beuth (CDU) argumentierte, mit dem Gesetzentwurf werde ein »wichtiger Schritt in die richtige Richtung« geschafft. Die Beamtinnen und Beamten sollen demnach 2023 und 2024 pauschal drei Prozent mehr Geld erhalten, zudem wird die unterste Besoldungsstufe A5 gestrichen und die Familienzuschläge für Beschäftigte mit Kindern werden teils deutlich erhöht. Jürgen Frömmrich von den Grünen sagte, das Land nehme Hunderte Millionen in die Hand, um seine Bediensteten besserzustellen. Das Gesetz der Koalition sei verfassungswidrig und deshalb »schäbig«, schimpfte hingegen der FDP-Abgeordnete Jörg-Uwe Hahn. Die Regierung habe jahrelang falsche Prioritäten gesetzt und könne seine Beamtinnen und Beamten jetzt nicht ausreichend bezahlen. Ähnlich argumentierte die SPD-Politikerin Heike Hofmann. Torsten Felstehausen (Linke) empörte sich, dass trotz breiter Kritik an dem Entwurf nichts geändert wurde. Es brauche eine »grundlegende Debatte« über die Neuregelung der Beamtenbesoldung in Hessen. Hanning Voigts

Wiesbaden - Das hessische Landesprogramm »Löwenstark - der Bildungskick« soll bis mindestens zum Ende des Schuljahres 2023/24 verlängert werden. »Löwenstark« sei nicht nur ein Aufholprogramm für Lern- und Leistungsrückstände, erklärte Kultusminister Alexander Lorz (CDU) gestern im Hessischen Landtag in Wiesbaden. Es setze etwa auch Aspekte um, um die Lernmotivation der Schülerinnen und Schüler zu steigern. Es ermögliche zusätzliche Förderkurse wie die individuelle Lernbegleitung sowie kulturelle Bildung und Bewegungsangebote. Die Landtagsopposition warf der Regierung dagegen vor, nicht genug gegen den Lehrermangel an den Schulen zu tun. Zusätzliche Stellen sollten nicht nur auf dem Papier entstehen. Die SPD-Abgeordnete Karin Hartmann sagte, das Abschneiden von Schülerinnen und Schülern in Bildungsvergleichen sei alarmierend.

Hessen will seine finanzielle Unterstützung für Privatschulen erhöhen und besser an die tatsächlichen Schülerkosten anpassen. Kern einer geplanten Gesetzesnovelle seien neue Berechnungsgrundlagen, erläuterte Lorz. Demnach würden die Zuschüsse des Landes von 380 Millionen Euro im laufenden Haushaltsjahr auf rund 440 Millionen Euro im Jahr 2024 und 470 Millionen Euro im Jahr 2025 steigen. dpa

Wiesbaden - Trotz der wirtschaftlichen Erholung bleibt die Stimmung unter Hessens Unternehmen verhalten. Laut der Konjunkturumfrage des Hessischen Industrie- und Handelskammertags (HIHK) beurteilen 29 Prozent der Verantwortlichen ihre aktuelle Lage als gut - gegenüber 15 Prozent, die eine eher schlechte Situation sehen. Mit Blick auf die künftige Geschäftslage drehe sich aber das Bild, teilte der HIHK in Wiesbaden mit. Hier überwiegen die Pessimisten mit 29 Prozent die Optimisten, die rund 16 Prozent stellen. Die übrigen Betriebe erwarten eine unveränderte Entwicklung. Weiterhin sehen zwei von drei Unternehmen in Hessen die hohen Energie- und Rohstoffpreise als größtes Konjunkturrisiko an. dpa

Wiesbaden - Die hessische Landesregierung wird die Kommunen bei der Digitalisierung ihrer Verwaltung weiter mit der Plattform »Civento« unterstützen. Die Mittel des Programms »Starke Heimat Hessen« für die kostenlose Bereitstellung der Digitalisierungsplattform seien zeitlich nicht begrenzt, teilte Digitalministerin Kristian Sinemus (CDU) in Wiesbaden mit. Entsprechende Gelder über den Doppelhaushalt 2023/2024 hinaus seien vorgesehen. dpa

Braunfels - In einer Asylunterkunft in Braunfels im Lahn-Dill-Kreis ist Ende vergangener Woche eine Bewohnerin niedergestochen und schwer verletzt worden. Die 22 Jahre alte Frau kam mit Schnittverletzungen in ein Krankenhaus. Der mutmaßliche Angreifer wurde festgenommen und kam in Untersuchungshaft, teilten Polizei in Dillenburg und Staatsanwaltschaft in Wetzlar mit. Die Ermittler gehen davon aus, dass der 30-Jährige die Frau töten wollte. Das Paar soll verheiratet sein und in Scheidung leben. dpa

Frankfurt - Rund siebeneinhalb Jahre nach einem tödlichen Unfall auf einem Zebrastreifen im Main-Taunus-Kreis hat der zweite Prozess gegen den mutmaßlichen Unfallverursacher begonnen. Vor dem Landgericht Frankfurt wird dem heute 33 Jahre alten Autofahrer vorgeworfen, im September 2015 in Kriftel auf ein Pärchen zugefahren zu sein, das sich am Rande eines Volksfestes auf dem Fußgängerüberweg geküsst hatte. Während sich der Mann (38) retten konnte, geriet die 41 Jahre alte Frau unter das Fahrzeug, das sie 400 Meter weit mitschleifte. Sie starb an ihren schweren Verletzungen. Zu Prozessbeginn am Mittwoch wurde neben der Anklageschrift auch das Urteil des Bundesgerichtshofes verlesen, der eine erste Verurteilung des Angeklagten aufgehoben hatte. dpa

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