Bleibt er oder bleibt er nicht?

Wie geht es weiter mit Peter Feldmann? In Frankfurt kommt es am Sonntag zum Bürgervotum gegen den derzeit unter Korruptionsverdacht stehenden Frankfurter OB. Die Hürde für eine Abwahl ist hoch.
Die entscheidende Frage lautet: »Stimmen Sie für die Abwahl des Oberbürgermeisters der Stadt Frankfurt am Main, Herrn Peter Feldmann?« Mehr als eine halbe Million Menschen sind an diesem Sonntag aufgerufen, diese Frage auf ihrem Wahlzettel mit »Ja« oder mit »Nein« zu beantworten - und somit über die Zukunft des umstrittenen SPD-Politikers mitzubestimmen. Wie das ungewöhnliche Verfahren ausgehen wird, ist noch völlig offen. In der fünftgrößten Stadt Deutschlands ist dieser Bürgerentscheid ein Novum: »Für Frankfurt ist das historisch, es ist die erste Abwahl, die wir zu organisieren hatten«, sagt Stefan Köster vom zuständigen Bürgeramt Statistik und Wahlen. Erste Ergebnisse erwartet er am Sonntagabend gegen 18.30 Uhr.
Ob der Oberbürgermeister selbst am Wahlabend im Römer dabei sein wird, ist noch unklar. Gegen den 64-Jährigen läuft zurzeit vor dem Frankfurter Landgericht ein Prozess wegen Korruptionsverdachts. Warum fordern spätestens seit diesem Sommer fast alle Parteien im Römer seinen Rücktritt, selbst die SPD? Der OB ist wegen des Verdachts der Vorteilsannahme angeklagt. Dabei geht es um seine engen Beziehungen zur Arbeiterwohlfahrt (AWO). Zudem hatte der OB Sympathien verspielt, etwa als er in einem Flugzeug einen sexistischen Spruch auf Kosten der Stewardessen klopfte und im Mai im Römer den Europapokal der Frankfurter Eintracht an sich riss. Die Eintracht-Führung hatte ihn daraufhin zur unerwünschten Person im Stadion erklärt.
Und erst vergangene Woche sorgte er erneut für Kritik. Im Gerichtssaal ließ der OB seinen Anwalt eine Erklärung verlesen, in der er alle Vorwürfe zurückwies. Dabei kam auch die Beziehung zu seiner Frau zur Sprache. Geheiratet habe er sie wegen einer von ihm ungewollten Schwangerschaft. Für den Passus über seine damalige Ansicht, das Kind solle besser abgetrieben werden, entschuldigte er sich später via Facebook bei seiner sechsjährigen Tochter. Doch da war die Erklärung verlesen, in öffentlicher Gerichtsverhandlung mit voll besetzen Zuschauer- und Presseplätzen.
Die Staatsanwaltschaft wirft dem OB vor, von der AWO Vorteile angenommen zu haben und im Gegenzug bereit gewesen zu sein, sich in seinem Amt als Oberbürgermeister für Belange des Sozialverbands einzusetzen. Feldmann stritt das in dem Prozess ab. Von seiner Frau lässt sich Feldmann derzeit scheiden.
»Der Oberbürgermeister schadet Frankfurt und seine jüngsten Entgleisungen vor Gericht offenbaren seine absolute Rücksichtslosigkeit selbst gegenüber der eigenen Familie«, sagt der CDU-Kreisvorsitzende Uwe Becker. »Feldmann nimmt der Stadt mit seinem Fehlverhalten ihre Würde.« Und SPD-Chef Mike Josef betonte bereits vor Wochen, das Amt des Oberbürgermeisters sei mit einer Anklage in einem Strafverfahren unvereinbar.
In einem ungewöhnlichen Schulterschluss wirbt die Frankfurter Stadtpolitik seit Wochen für Stimmen gegen Feldmann. So haben sich die Koalitionspartner Grüne, SPD, FDP und Volt mit der größten Oppositionspartei CDU zusammengetan. Es wurden rund 250 000 Flyer und 12 000 Plakate gedruckt, zudem gibt es Kneipentouren, Hausbesuche und Info-Stände. Vertreter aus dem linken Spektrum kritisierten derweil die Kampagne und betonten, dass Feldmann auch einiges für die Stadt getan habe. So habe er etwa sozialpolitische Aspekte in den Vordergrund gerückt.
Sollte die Mehrheit der Wählenden für eine Abwahl stimmen, gilt der OB als abgewählt - aber nur dann, wenn die Mehrheit mindestens 30 Prozent der Stimmberechtigten beträgt. Dass diese Hürde sehr hoch ist, zeigt ein Blick in die Vergangenheit: So hatten an der Stichwahl und Feldmanns Wiederwahl 2018 insgesamt nur 30,2 Prozent der Wahlberechtigten teilgenommen. Das Wahlamt gibt im Übrigen weder Daten zum Stand der Briefwahl noch zur Wahlbeteiligung am Sonntag selbst bekannt. »Dann könnten sich die Leute motiviert sehen, noch zur Abstimmung zu gehen - oder eben nicht«, sagt Stefan Köster vom zuständigen Bürgeramt Statistik und Wahlen. »Wir wollen jegliche Wahlbeeinflussung ausschließen.«