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Benediktinerinnen-Abtei auf dem Weg zum Öko-Kloster

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Altenstadt (dpa). Ein Kloster ist ein Ort himmlischer Stille - normalerweise. Auch in der Benediktinerinnenabtei Kloster Engelthal herrscht für gewöhnlich Engelsruhe. Doch seit Ostern 2008 geht es auf dem Klostergelände, das am Waldrand inmitten von Feldern und Streuobstwiesen liegt, lauter zu. Es wird gehämmert, gebaggert und gebohrt - eine mehr als irdische Geräuschkulisse. Doch der Lärm hat gute Gründe.

Altenstadt (dpa). Ein Kloster ist ein Ort himmlischer Stille - normalerweise. Auch in der Benediktinerinnenabtei Kloster Engelthal herrscht für gewöhnlich Engelsruhe. Doch seit Ostern 2008 geht es auf dem Klostergelände, das am Waldrand inmitten von Feldern und Streuobstwiesen liegt, lauter zu. Es wird gehämmert, gebaggert und gebohrt - eine mehr als irdische Geräuschkulisse. Doch der Lärm hat gute Gründe: Alte Gebäude, die nicht saniert werden konnten, wurden abgerissen und neue werden gebaut. Mit den neuen Bauten wollen die 24 Nonnen Strom, Wasser und Heizung sparen, um ihr Kloster fit für die Zukunft zu machen, und haben ein »energetisches Versorgungskonzept« erarbeitet.

Schwester Caterina läuft über die Baustelle, über die sich die barocke Kirche strahlend weiß in den Himmel erhebt, als hätte sie nie etwas Anderes gemacht. In ihrer typisch schwarzen Nonnentracht, einem weit geschnittenen, bodenlangen Kleid und einem schwarzen Schleier auf dem Kopf passt sie optisch nicht so recht in die Baukulisse. Doch als Koordinatorin des ehrgeizigen Energiesparkonzeptes kennt die 51-Jährige jeden der Bauarbeiter mit Namen, hat für jeden ein freundliches Wort und weiß, wie weit welche Maßnahme fortgeschritten ist.

Rund 3,5 Millionen Euro sollen die neuen Gebäude kosten. Das Geld kommt von der Diözese Mainz, die Eigentümerin des Klosters ist. »Geräusche gehören zu den Baumaßnahmen ebenso wie Bauschutt und Gerüste dazu«, sagt Schwester Caterina lächelnd. Zwei alte Klosterflügel von 1975 mussten abgerissen werden. An deren Stelle entstehen zwei neue Gebäude mit 21 Einzelzimmern, die auch Platz etwa für die Bibliothek, einen Gemeinschaftsraum, den Speisesaal, eine Krankenstation und die Wäscherei bieten.

Kernstück der Baumaßnahmen ist neben der energiesparenden Bauweise und Ausstattung der Gebäude eine Erdwärme-Heizung. »Wir erwarten, dass wir damit etwa 15 000 Liter Heizöl pro Jahr einsparen«, sagt Schwester Caterina, die seit 1983 in dem Kloster lebt und vor ihrem Eintritt in den Orden als Krankengymnastin gearbeitet hat. Mit dieser Versorgungstechnik sei die Abtei unter den Klöstern Vorreiterin. Die Kosten für die Geothermie-Heizung schätzt sie auf 100 000 Euro. Das Geld wollen die Schwestern aus eigener Kraft hereinholen - mit ihren Klosterbetrieben und etwa durch Spenden, Fördergelder und aus dem Budget der klostereigenen Stiftung. »Wir möchten unseren Beitrag zum Klimaschutz und zum Schutz der Schöpfung Gottes leisten und wollen - gemäß unserer Ordensregel des Heiligen Benedikt - zu einer für uns maximal möglichen Autarkie kommen«, sagt Schwester Caterina.

In der Kirche, im Gästehaus und in anderen Räumen des Klosters leuchten Energiesparlampen. Auch über Strom aus Photovoltaik wollen die Schwestern nachdenken. Im Gästehaus, das 1999 und 2000 saniert wurde, läuft die WC-Spülung mit Regenwasser.

Doch wie passen das moderne Klima- und Energiesparkonzept und die jahrhundertealte Tradition des zurückgezogenen Klosterlebens zusammen, das ausgefüllt ist mit Beten, Handwerk und Gartenbau? Für Äbtissin Elisabeth Kralemann, die das Kloster seit 2003 leitet, ist das Naturschutzkonzept von der Bibel inspiriert: »Unser energetisches Versorgungskonzept gründet auf dem theologischen Verständnis, dass Gott uns die Schöpfung anvertraut hat, damit wir Menschen gut mit ihr sind. Dazu gehört, dass wir die Ressourcen nicht ausbeuten, sondern sparsam mit ihnen umgehen«, sagt die Äbtissin, die 1976 in den Orden eingetreten ist.

Das sieht auch Schwester Caterina so. Im Alten Testament stehe, dass Gott den Menschen in den Garten Eden setzte, damit er ihn bebaue und behüte. »Manche Übersetzungen verwenden statt ›behüten‹ das Wort ›beherrschen‹, doch wir halten uns lieber an ›behüten‹.« Das zeige sich auch im Klostergarten. In einem unterirdischen Wasserlauf, der noch von den Zisterzienserinnen stamme, die lange vor den Benediktinerinnen in Altenstadt lebten. »Der führt das Wasser zusammen, das aus den umliegenden Hügeln kommt, und wir können damit unseren Garten bewässern«, sagt Schwester Caterina.

Der Garten ist für das Kloster sehr wichtig. Denn mit dem frischen Gemüse und Obst verköstigen die Nonnen auch ihre Gäste. »Im vergangenen Jahr hatten wir 5500 Übernachtungen«, sagt Schwester Caterina. Das Gästehaus habe 42 Betten. »Viele Gäste suchen bei uns einen Raum der Ruhe und Stille, der Geborgenheit schenkt und den Neuaufbruch in neue Lebenssituationen möglich macht«, sagt die Äbtissin. Neben den Einnahmen aus den Übernachtungen kommt Geld auch aus Erlösen in der klostereigenen Buch- und Kunsthandlung, der Restaurierungswerkstatt der Diözese Mainz und aus Spenden.

»Gott sei Dank schreiben wir schwarze Zahlen«, sagt Schwester Caterina. Für die Zukunft scheint es, als seien die Schwestern in Kloster Engelthal gut aufgestellt. Bis Ende 2009 sollen auch die Bauarbeiten abgeschlossen sein.

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