Aussage zu Obduktion verweigert
Wiesbaden - Im Untersuchungsausschuss zum rassistischen Anschlag in Hanau hat die in der Tatnacht verantwortliche Oberstaatsanwältin die Aussage über die Obduktionen der Tatopfer verweigert. Ein entsprechendes Dienstaufsichtsverfahren gegen sie sei noch nicht abgeschlossen, sagte die mittlerweile pensionierte Beamtin am Freitag im Wiesbadener Landtag zur Begründung.
Die damals kommissarische Leiterin der Hanauer Staatsanwaltschaft war in der Tatnacht zunächst zur Einsatzzentrale der Polizei gefahren. Dort sei sie von der Arbeit der Beamten sehr beeindruckt gewesen, sagte sie. Mitten in der Nacht sei dort »ein Team aus dem Boden gestampft« worden, es sei »hoch konzentriert und professionell« gearbeitet worden. Ein rassistischer Hintergrund der Tat sei wegen des Migrationshintergrundes aller Opfer rasch vermutet worden, ansonsten sei lange vieles unklar gewesen. »Wir wussten nicht, kommt noch irgendwo ein dritter Tatort. Die Lage war schwer einzuschätzen«, sagte sie. Auch sei die Zahl der Täter unklar gewesen.
Dies bestätigte der damalige Polizeiführer in seiner Aussage. Auch die Rolle des Vaters von Tobias R. sei schwer einzuschätzen gewesen, berichtete er. Man habe nicht gewusst, ob der Täter im Haus sei oder wie er die Polizei empfangen würde, so der Polizeiführer.
Um die riskante Stürmung möglichst zu vermeiden, sei zunächst unter anderem versucht worden, telefonisch Kontakt mit den Hausbewohnern aufzunehmen. Zudem seien weitere Informationen gesammelt worden, auch sei nach möglichen Sprengsätzen gesucht worden. Schließlich habe er die Stürmung des Hauses befohlen. Nach Aussage einer Staatsanwältin kam der Vater den Beamten entgegen und störte den Einsatz, die Mutter wurde tot im Bett gefunden, Tobias R. lag erschossen im Keller. Angehörige der Opfer hatten die lange Zeit bis zur Stürmung des Hauses kritisiert.
Laut Auskunft der Oberstaatsanwältin war in ihrer Behörde Ende 2019 eine mehr als 30 Seiten lange Strafanzeige von Tobias R. gegen einen »unbekannten Geheimdienst« eingegangen, in dem er wirre Angaben gemacht habe. Solche Schreiben kämen häufig, sagte sie. Die Anzeige habe keinen Anhaltspunkt für eine strafbare Handlung ergeben und sei abgelegt worden. dpa