Angeklagter bricht in Tränen aus
Hanau (dpa/lhe). Es sollte aussehen wie ein Suizid. Doch die Ermittler konnte der Stallbursche nach dem Mord auf dem Reiterhof in Schöneck (Main-Kinzig-Kreis) nicht täuschen - sie kamen ihm auf die Spur, wie die Staatsanwaltschaft am Donnerstag zum Auftakt des Mordprozesses gegen den Mann berichtete. Der 23 Jahre alte Rumäne legte bei den polizeilichen Ermittlungen ein Geständnis ab. Der Angeklagte brach zu Prozessbeginn immer wieder in Tränen aus. An dem Prozess vor dem Landgericht Hanau nimmt die Tochter des Opfers als Nebenklägerin teil.
Ein als Zeuge geladener Kriminaloberkommissar, der maßgeblich an den Ermittlungen beteiligt war, zeichnete am Donnerstag ein detailreiches Bild von den Geschehnissen im vergangenen September. Seine Erkenntnisse hatte er vor allem vom Angeklagten, der in Vernehmungen bei der Polizei ein umfangreiches Geständnis abgelegt hatte. Nach Angaben seiner Verteidiger will der Mann bei der Prozessfortsetzung in der kommenden Woche aussagen. Er werde sich ungefähr so äußern, wie er es bereits bei der Polizei getan habe, sagte ein Rechtsanwalt.
Der Angeklagte hatte den Ermittlungen zufolge erst Mitte Mai 2018 in Schöneck angefangen. Er wurde als kompetenter, hilfsbereiter und freundlicher Mann beschrieben. Doch wenn es ums Geld ging, sei er weniger umgänglich gewesen, berichtete der Polizeibeamte aus den Ermittlungen. Weil der Angeklagte geglaubt habe, dass ihn seine Chefin ausnutze und ihm Geld vorenthalte, habe er beschlossen, die Frau umzubringen. Dabei habe der Mann im Tätigkeitszeitraum sogar mehr Geld bekommen, als ihm laut Vertrag zugestanden habe, wie Quittungen von Barauszahlungen belegten.
Am 10. September habe der Mann nach eigener Aussage in Vernehmungen ein Seil aus dem Stall genommen und sei mit der Frau, die ihm Tage zuvor in der Probezeit gekündigt habe, in ihr Wohnhaus auf dem Gelände gegangen, berichtete der Zeuge weiter aus den Vernehmungen. Der Angeklagte habe vorgegeben, ein Werkzeug von ihr haben zu wollen. Als sie sich nach der Kiste bückte, habe er ihr das Seil um den Hals gelegt und zugezogen. Die Frau habe um Hilfe gerufen und ihn angeschrien, was er da mache.
Laut dem Ermittlungsbeamten warf der Angeklagte ihr mit Blick auf finanzielle Unstimmigkeiten vor: »Du hast alle verarscht.« Die Frau habe ihm - mit dem Strick um den Hals - noch Geld angeboten und 2500 Euro in einer Küchenschublade gezeigt. Doch der Täter sagte dem Bericht zufolge, dies sei nun zu spät, und habe die Frau erdrosselt. Nach dem er sie am Treppengeländer im Hausflur aufgeknüpft habe, habe er das Haus verlassen und weitergearbeitet, um keinen Verdacht zu erregen. Das Geld ließ der Stallbursche der Aussage zufolge aber an Ort und Stelle zurück. Staatsanwalt Alexander Voigt sagte am Rande des Prozesses mit Blick auf die nicht erfolgte Bereicherung des geständigen Angeklagten, bei der Motivlage seien noch viele Fragen offen. Der Prozess wird am 6. September fortgesetzt.