Abrechnung mit Schwarz-Grün

Wenn der Haushalt in zweiter Lesung im Landtag beraten wird, dann nutzt dies die Opposition traditionell zur ziemlich umfassenden Kritik an der Regierung. Dieses Mal gab die Generaldebatte einen ersten Vorgeschmack auf den Wahlkampf zur Landtagswahl 2023.
Die Landtagsopposition hat die Debatte zum geplanten hessischen Doppelhaushalt zur Generalabrechnung mit der Politik der Landesregierung genutzt. Rund ein Jahr vor der nächsten Landtagswahl hagelte es am gestrigen Dienstag Kritik an der schwarz-grünen Koalition. Der Oppositionsführer im Parlament, SPD-Fraktionschef Günter Rudolph, warf der Regierung vor, einen schwachen Haushaltsentwurf vorzulegen.
Das Leben der Menschen werde durch die Folgen der Corona-Pandemie und den Ukraine-Krieg bestimmt, sagte er in Wiesbaden. »Aber selbst im Angesicht von gleich zwei globalen Krisen und ihren verheerenden Folgen bleibt Schwarz-Grün ideenlos, mutlos und ohne Ansatz für einen großen Wurf.« Dabei bräuchten die Menschen und die Unternehmen dringend eine Regierung, die imstande sei, ein großes Ziel zu formulieren und zu erklären, auf welchem Weg dies erreichbar sei.
Linke: ÖPNV und Wohnraum teuer
Der wichtigste Grund für die Lethargie der amtierenden schwarz-grünen Landesregierung sei deren Uneinigkeit, kritisierte der SPD-Fraktionschef. Der Vorrat an politischen Gemeinsamkeiten zwischen CDU und Grünen sei unübersehbar erschöpft.
AfD-Fraktionschef Robert Lambrou sagte, im geplanten Doppelhaushalt finde sich keinerlei Vorsorge für das drängendste Problem für den Wohlstand der Bürger: Die Inflation. Auch der Fraktionsvorsitzende der FDP, René Rock, kritisierte, die Landesregierung habe keine Antworten auf die drängenden Fragen der Zeit vorgelegt. Dazu zählten unter anderem der Fachkräftemangel, Digitalisierung und Integration.
Die Vorsitzende der Linksfraktion, Elisabeth Kula, mahnte, in Hessen werde zuwenig zur Bekämpfung der Armut getan. »Es gibt kaum bezahlbare Wohnungen, der ÖPNV ist teuer und platzt aus allen Nähten, die Ungleichheit wächst immer weiter«, sagte sie. Der Vorsitzende des DGB-Bezirks Hessen-Thüringen, Michael Rudolph, kritisierte, das Land müsse mehr für die Kommunen tun und den Investitionsstau etwa bei der staatlichen Infrastruktur auflösen.
Die schwarz-grüne Landesregierung plant in den nächsten beiden Jahren deutliche Investitionen in den Klimaschutz, die Bildung, Justiz und Polizei sowie die Krankenhäuser. Der Haushaltsentwurf der Koalition sieht nach bisherigen Planungen bereinigte Ausgaben von rund 33,74 Milliarden im kommenden und rund 34,78 Milliarden Euro im Jahr 2024 vor. Auf insgesamt etwa 33,74 Milliarden Euro sollen sich die bereinigten Einnahmen 2023 und auf rund 34,70 Milliarden im darauffolgenden Jahr belaufen. Trotz der hohen Ausgaben wegen der Energiekrise und der anhaltenden Auswirkungen durch die Corona-Pandemie will die Landesregierung an der Schuldenbremse festhalten.
Rhein verteidigt Kurs der Regierung
Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) verteidigte den Kurs der Regierungskoalition gegen die Oppositionspolitik. CDU und Grüne würden gut zusammenarbeiten. Von den Vorhaben für die nächsten zwei Jahre hob Rhein vor allem die Schaffung von neuen Stellen für die Justiz und Schulen in Hessen sowie die Hilfspakete wegen der Energiekrise hervor. »Wir lassen in diesem Land niemanden im Stich«, betonte der Regierungschef. »Hessen ist stabil.«
Rhein betonte die enorme Aufgabe für die Kommunen bei der Aufnahme von geflüchteten Menschen. Mit den kommunalen Spitzen sei selbstverständlich über eine faire Lastenverteilung gesprochen worden. Die Landesregierung habe auch beschlossen, kurzfristig die Kapazitäten in den Flüchtlingserstaufnahmen zu erhöhen. Die Bundesregierung müsse jedoch dafür sorgen, die Flüchtlingszahlen zu begrenzen, da die Kommunen mit der Aufgabe überfordert seien. Grünen-Fraktionschef Mathias Wagner betonte, Schwarz-Grün halte mit dem Haushaltsentwurf Wort. Alle wesentlichen Punkte aus dem Koalitionsvertrag würden auf den Weg gebracht.
Gesetzesnovelle zur Gleichberechtigung
Die Landesregierung will mit einer Reform des Gleichberechtigungsgesetzes die Chancengleichheit von Frauen und Männern in der öffentlichen Verwaltung verbessern. Unter anderem würden die Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten bei ihrer Arbeit gestärkt, erläuterte Sozialminister Kai Klose (Grüne) am Abend im Landtag. In dem Gesetz werde zudem eine bessere Unterstützung für Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen mit Erziehungs- oder Pflegeaufgaben verankert. Nadine Gersberg von der SPD-Fraktion forderte, die Gesetzesnovelle müsse konkreter werden. Es gebe immer noch viele Kommunen, die interne Frauenbeauftragte nicht für die Aufgabe von ihrer Arbeit freistellen. Das sei zwar gesetzeswidrig, doch kontrolliere das niemand, kritisierte sie.