450-Millionen-Deal am UKGM in Gefahr?

Gießen/Marburg - Anfang des Jahres hatte das Land Hessen dem Uniklinikum Gießen-Marburg für einen Zeitraum von zehn Jahren rund 450 Millionen Euro Fördermittel in Aussicht gestellt. Nun sorgt eine Mitteilung des UKGM-Betreibers, der Rhön-Klinikum AG, für Wirbel. Laut Rhön-Chef Christian Höftberger ist eine zeitnahe Einigung mit dem Land über die Ausgestaltung der Vereinbarung fraglich.
Der Vorstand des UKGM-Betreibers sei am Montag zu der Auffassung gelangt, »dass es angesichts des bisherigen Verhandlungsverlaufs mit dem Land fraglich ist«, ob die in der Absichtserklärung vom 14. Januar 2022 in Aussicht gestellte Vereinbarung »noch im zweiten Quartal 2022 erfolgreich abgeschlossen werden kann«. »Vorsorglich« soll laut Höftberger daher nun auch die alte, seit 2017 gültige Vereinbarung aufgekündigt werden.
Anfang des Jahres waren in der Aula der Universität Ministerpräsident Volker Bouffier, Wissenschaftsministerin Angela Dorn, Höftberger, JLU-Präsident Joybrato Mukherjee und Werner Seeger, Ärztlicher Geschäftsführer am UKGM, zusammengekommen, um die Absichtserklärung vorzustellen und zu unterschreiben. Sie sieht vor, dass das Land in den nächsten zehn Jahren rund 450 Millionen Euro an Fördermitteln für das UKGM zur Verfügung stellt. Die Zahlung ist an zahlreiche Vereinbarungen gebunden, darunter die Fortführung der Trennungsrechnung, die Verpflichtung, Gewinne in dem entsprechenden Zeitraum zu reinvestieren statt auszuschütten, die Regelungen für den Fall eines Kontrollwechsels sowie ein Ausgliederungsverbot und den Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen.
Dorn: »Nicht vertrauensbildend«
»Wir stehen uneingeschränkt zu der Absichtserklärung. Das Land konfrontiert uns allerdings mit deutlich weitergehenden Forderungen, die wir nicht erfüllen können«, heißt es nun in einer Erklärung von Rhön. Man brauche mehr Flexibilität und Handlungsspielraum, sowohl für die Verhandlungen als auch die bauliche Umsetzung, erklärte das Unternehmen, ohne dabei Details zu nennen. Zudem biete man dem Land eine verbindliche Zusage von Eigenmittelinvestitionen in Höhe von mindestens 22 Millionen Euro pro Jahr an. Da man zum jetzigen Zeitpunkt aber nicht länger davon ausgehen könne, dass die Verhandlungen zeitnah erfolgreich abgeschlossen werden, habe der Vorstand entschieden, den Aufsichtsrat vorsorglich um die Zustimmung zur Kündigung der bereits seit 2017 bestehenden Vereinbarung zwischen UKGM, Land und den Universitäten Gießen und Marburg mit Wirkung zum 31. Dezember 2022 zu bitten. Die Vereinbarung hätte sich im Falle eines Nichtzustandekommens der neuen Verabredung automatisch verlängert.
Wissenschaftsministerin Angela Dorn (Grüne) kritisierte den Schritt des Unternehmens: »Die Ankündigung einer möglichen Kündigung geschehe ohne Not, denn eine Kündigung der bisherigen Vereinbarung sei bis Ende Juni möglich. Der Konzern habe auch die 22 Millionen Euro als Eigeninvestitionsmittel erst genannt, nachdem das Land diese mehrfach erbeten habe, um das Verfahren zu beschleunigen. Wie aus einem internen Schreiben an die UKGM-Mitarbeiter hervorgeht, geht es dem Rhön-Vorstand im Wesentlichen um zwei Punkte. Zum einen verlangt das Unternehmen vom Land, dass das UKGM »wie jedes andere Krankenhaus auch« Investitionsmittel vom Land erhält, ohne weitreichende Zugeständnisse machen zu müssen. »Im Krankenhausfinanzierungsgesetz ist festgeschrieben, dass das Prinzip der dualen Finanzierung der Krankenhäuser gesetzlich vorsieht, dass die Vergütung für die erfolgte Krankenversorgung über die Pflegesätze durch die Krankenkassen erfolgt und die Bundesländer die zwingend notwendigen Investitionen (Bau, Geräte, IT-Ausstattung usw.) über Fördermittel tragen. Dies gilt für alle Plankrankenhäuser - unabhängig von deren Trägerschaft oder der Versorgungsstufe«, heißt es in dem Schreiben. Entgegen anderslautenden Aussagen habe es einen generellen, dauerhaften Verzicht des UKGM auf diese gesetzmäßige Investitionsfinanzierung nie gegeben. Laut UKGM wären an beiden Standorten gemeinsam etwa 90 Millionen Euro Fördermittel notwendig. Das Land hatte in der Absichtserklärung 45 Millionen pro Jahr in Aussicht gestellt. Dass dem UKGM diese gesetzlich festgelegten Investitionsmittel vorenthalten würden, sei das größte Manko der Vereinbarung. Zum anderen würden »politisch motivierte Vorgaben, die tief in die unternehmerische Handlungsfreiheit des UKGM eingreifen«, die Weiterentwicklung des Uniklinikums behindern. Damit zielt Höftberger auf Ausgliederungsverbot und Kündigungsschutz ab. Marc Schäfer