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Zurück aus der Winterpause

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Von: Barbara Czernek

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Temperamentvoll leitet Dirigent Hamed Garschi das Junge Sinfonie-Orchester Wetzlar. © Barbara Czernek

Gießen (bac). Frühlingserwachen im Saal der Freien evangelischen Gemeinde Gießen, zumindest musikalisch. Unter der versierten Leitung von Hamed Garschi meldete sich das Junge Sinfonie-Orchester Wetzlar aus seiner Winterpause zurück und das gewaltig. Auf dem Programm standen Richard Wagners »Rienzi«-Ouvertüre, die Karelia-Suite von Jean Sibelius (op.

11) und die Sinfonie Nr. 1 (B-Dur) »Frühlingssinfonie« von Robert Schumann.

Wechselnde Dirigenten

Zu den Besonderheiten des Orchesters gehört, dass es keinen festen Dirigenten hat, sondern - je nach Projekt - mit einem anderen Dirigenten das Programm erarbeitet. Am Samstagabend stand mit dem in Teheran gebürtigen Garschi ein Dirigent am Pult, der schon mehrere Male mit dem Orchester zusammengearbeitet hatte. Man kannte sich. Das gab Sicherheit. Und Gaschi wusste, wo und wie er das Ensemble fordern konnte, ohne es zu überfordern.

Seinem eigenen Ruf folgend war das Programm kraftvoll und anspruchsvoll angelegt. Leise Töne waren dieses Mal nicht angesagt: Wer zum Warmspielen mit Richard Wagner startet, der will zeigen, wie viel Polyphonie in dem Klangkörper steckt. Die Ouvertüre zur Oper »Rienzi, der letzte der Tribunen« ist ganz im Zeitgeist des 19. Jahrhunderts geschrieben und wartete mit allem auf, was ein Orchester zu bieten hat: Streicher, Blasinstrumente, Schlagwerk und das alles bitte nicht zu knapp. Und genau damit konnte das Junge Orchester punkten.

Ungeachtet der Diskussion, ob die von Wagner verfasste Oper heute noch spielbar ist, schließlich werden heroische Taten heute anders gesehen als zu seiner Zeit, strahlt die Ouvertüre viel von jener menschlichen Zuversicht aus, die heute mehr denn je gebraucht wird. Entsprechend entfesselt legten die Musiker von der ersten bis zur letzten Note los, nur gebändigt durch das straffe Dirigat von Garschi.

Für das zweite Stück, die Karelia-Suite op. 11 von Jean Sibelius, musste das Ensemble eine Spur fast überbordender musikalischer Massivität zugunsten lyrischer Feinheiten zurücknehmen. Vor allem in der Ballade im Mittelteil konnten die Streicher ihre gesamte feingliedrige Präsenz in voller Breite einsetzen, um anschließend mit allen Instrumenten in einem heiteren Marsch zu enden. Das Orchester arbeitete die volkstümlichen Melodien differenziert heraus.

Robert Schumanns »Frühlingssinfonie«

Der wirklich großen Herausforderung stellte sich das Ensemble nach der Pause: Die 1. Symphonie von Robert Schumann ist eine einzige, kraftvolle Hymne auf das Leben und die Liebe, die er in nur wenigen Tagen 1841 komponierte, war er zu dem Zeitpunkt doch gerade frisch mit seiner Clara Schumann verheiratet. Die Klangfülle des Werks war genau nach dem Geschmack des Orchesters. Hier konnte es volle Spielleidenschaft entfalten, manchmal ein wenig auf Kosten der sanfteren Stellen des Werks.

Als Zeichen für den Frieden und die Hoffnung spielte das Orchester zwei Zugaben: Die Ukrainische Nationalhymne und die Europahymne, die besser bekannt ist als »Ode an die Freude« aus dem Schlusssatz der neunten Symphonie von Ludwig van Beethoven. Das Publikum dankte es mit lang anhaltendem Applaus.

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