Zeitgenössische Kunst, wohin man schaut

Die »Giennale« findet nach dreijähriger Pause wieder vom 2. bis 10. September statt. Gießens erste Kunstbiennale verwandelt die Stadt in das kreative Zentrum Mittelhessens. Unter dem Titel »Das ist doch von oben gar nicht gewollt« werden diverse Orte zur Bühne und Ausstellungsfläche.
Die Bandbreite der diesjährigen »Giennale« erstreckt sich über alle Kunstrichtungen, von der Malerei über Installationen, Performances, Tanz, Musik, Literatur, Mitmach-Aktionen und Workshops für alle Altersgruppen. Neben regionalen bekommen auch überregionale und internationale Künstler eine Bühne an verschiedenen Orten in der Stadt. Aus über 60 Einreichungen hat das Team der »Giennale« 36 künstlerische Positionen ausgewählt, sodass es eine gute Woche lang zeitgenössische Kunst in der Stadt gibt, wohin man auch schaut. Marco Rasch und Wally Hund von Zellkultur, Hagen Reiher, Bene Helmer, Karolina Littwin und Mara Unger vom Projekt-Team sowie Stephan Neubacher und Annette Eidmann vom Kulturamt stellten das Programm nun der Presse vor.
Gleich mehrere Ausstellungen
Am Eröffnungstag (2. September) wird im Prototyp die Ausstellung »Die Mauer als Kondom« von Vitor Mattos eröffnet (18 Uhr). Sie setzt sich mit der schwulen Community in der DDR auseinander, die unabhängige Wege zur Bekämpfung von Aids finden musste. Das Kollektiv Atj zeigt in der Alten UB die »zärtliche« Ausstellungskonzeption »Betreff: mal schaun?«, in der Personen untereinander in kollektiver Kommunikation auf ihre Arbeiten reagieren. In der Kupferschmiede, dem Festivalzentrum, sind »Zwei Erzählungen von März 1990 und 2003« von Sahar Mirhoseini über malerisch dargestellte Formen des Nichtseins und »Transformation« von Severine Henriette Meyer, eine Werkserie zu Schönheitsidealen, zu sehen. Vernissage ist am Sonntag 4. September, 16 Uhr.
»Spielräume« und Fest am Ulenspiegel
Auch die Galerie 23 beteiligt sich und zeigt die partizipative Ausstellung »Spielräume« von Hannes Birgmeyer und Markus Henschler mit 30 Plastiken aus Keramik an den Wänden und auf dem Boden. Eröffnet wird die Schau im Rahmen eines Hoffestes am Ulenspiegel am Samstag, 3. September, ab 14 Uhr mit Musik, der partizipativen Klanginstallation »SO_UND: NOW?« des Künstlerduos Clasen und Phouthavong im Biergarten und der Performance »Sense Or« von Belcim Yavuz in der Galerie. Bei dieser Gelegenheit soll auch erstmals »DER Gießener Kunstpreis« verliehen werden (3. September, 16.30 Uhr).
»Wie befreit ist mein Sex?« ist die zentrale Frage der Performance »all my tears have been used up« von art.akut aus Offenbach (9. September im Prototyp), Tilmann Schorstein bietet ebenda einen Workshop über »Männlichkeitskriterien« an und in Pits Pinte eine Videoinstallation zu Körperverhältnissen, Gesundheit und Sexualität. Und bei der Performance »Lovers against Lions« von Guilherme Morais auf dem Kirchenplatz (6. September, 18 Uhr) braucht es noch Mitstreiter für eineinhalb Stunden Dauerküssen. Olga Drachuk-Meyer aus der Ukraine beschäftigt sich in ihrer Performance mit »War« und Bene Rox bietet »Eine Woche mentale Heilung« mit einer siebenteiligen Performance, die zu einer raumgreifenden Videoinstallation wird.
Gießens soziokulturelles Kunstfestival, das auch zeigen will, wie viel Kunst in der Stadt möglich ist und neben bekannten Kulturorten auch eher unbekanntere wie etwa das »Portiers« an der Ecke West- und Südanlage nutzt, bietet zudem jede Menge Konzerte. Bands of Friends haben dazu unter anderem Eilies Frawley, Filmboy, Multitalent Michum für ein All-Tape-Set und seinen ersten Auftritt überhaupt sowie Britte van der Wolken, alias Brit vom Ulenspiegel, für Konzerte gewinnen können. Auch Stephan Neubachers Band »Auf Krücken durch Rom« wird endlich ihr Gießen-Debüt spielen können (10. September, 16 Uhr auf dem Kirchenplatz).
Dank diverser Kooperationen kann die »Giennale« auch mit dem Literarischen Zentrum eine Comic-Lesung von Anna Geselle aus ihrem Comic »Furiositäten« über weibliche Wut anbieten (8. September, 19.30 Uhr im Prototyp, vorab Hörspiel »Furia 404« von Jana Peil). Mit Hilfe der Jugendwerkstatt entsteht am Jugendzentrum Holzwurm in einem Workshop eine »Mitmachsäule« mit viel Platz für alles, was man schon immer mal loswerden wollte. Und im Nordstadtzentrum können sich beim Workshop »Die Kunstkoffer kommen« Besucher künstlerisch entfalten.
»Giennale« erobert das Stadttheater
Eine ganz besondere Kooperation gilt es ebenfalls anzukündigen. Erstmals wird die »Giennale« mit dem Stadttheater kooperieren und am Samstag, 10. September, im Anschluss an das Theaterfest das Kleine Haus (ehemals taT-Studiobühne) übernehmen: Für die Performance des multimedialen und interdisziplinären Kollektivs Teenage God aus Paris, ein Konzert von Alex Silva und Abschlussparty. Hierzu gibt es bereits Karten zu kaufen - im Haus der Karten. Für alle anderen Abendveranstaltungen der »Giennale« zahlt man an den Abendkassen einen frei zu wählenden Betrag zwischen vier und zehn Euro.
Das komplette Programm findet man auch unter giennale.de sowie schon bald in ausliegenden Programmheften sowie auf Social Media.
Das Grundgesetz feiern will die Performance-Gruppe »Verfassungsschatzis« und lädt am Samstag, 10. September, zu »Gießens grandiosem Gang durchs Grundgesetz« ein. Der Auftritt im Rahmen der »Giennale« ist als Spaziergang durch die Innenstadt geplant, um das Grundgesetz »mit Lust und Laune« zu feiern. Start ist am 10. September um 14 Uhr am Berliner Platz. Ziel ist es, zu zeigen, dass eine politische Bewegung auch Spaß machen und man auch so ins Politische einsteigen kann. Jeder kann - nach vorheriger Anmeldung per E-Mail an kulturamt@giessen.de oder info@giennale.de - mitmachen. Alles ist möglich und wird im Workshop (Sonntag, 4. September, im Prototyp, Teilnahme nur nach Anmeldung) gemeinsam erarbeitet. Parallel lädt der Verein GrundGesetzVerstehen am Samstag, 10. September (14 bis 16 Uhr im Prototyp) zum Workshop »Meine perfekte Demo« ein, der sich spielerisch mit Grundlagen der Versammlungsfreiheit und Problemen des Versammlungsrechts beschäftigt. Mitmachen können alle ab 15 Jahren nach Anmeldung bis spätestens am Veranstaltungstag unter info@giennale.de.

