Zeitenwende in der Gießener CDU: Möller macht Platz für Bouffier

Nach mehr als 23 Jahren zieht sich Klaus Peter Möller vom Parteivorsitz der Gießener CDU zurück. Der 31-jährige Frederik Bouffier soll ihm folgen.
Gießen - Die Frage, ob es schon Handys gab, als Klaus Peter Möller damals zum Vorsitzenden des Stadtverbands der Gießener CDU gewählt worden ist, hat den 56-jährigen Lokalpolitiker am Freitagmorgen zum Lachen gebracht. »Ganz so schlimm war es dann doch nicht«, sagte Möller am Abend, als er bekanntgab, dass er sich beim am Freitag anstehenden Parteitag der Stadt-CDU nicht noch einmal für das Amt zur Wahl stellen wird, das er seit dem 8. Dezember 1999 innehat. Sein Nachfolger soll der ehemalige OB-Kandidat Frederik Bouffier werden. »Als ich vor mehr als 23 Jahren zum Vorsitzenden gewählt worden bin, hat niemand im Saal gedacht, dass ich das so lange bleibe - ich auch nicht«, sagte Möller gestern.
Gießen: Möller nach 15 Jahren in der Regierung vor Rückzug als CDU-Chef
Mit dem Entschluss, nicht mehr als Parteivorsitzender zu kandidieren, beendet Möller eine Ära, die er angesichts einer 15-jährigen Regierungsbeteiligung durchaus als erfolgreich werten kann, wenngleich die Kritik an seiner Person auch nie ganz verstummte. Schon 1999 war das Zutrauen in ihn nicht groß, dennoch machte Möller die Partei 2001 als Spitzenkandidat zur stärksten Kraft, nach der Kommunalwahl 2006 gelang ihm ein Coup, als er die erste Jamaika-Koalition in einer größeren hessischen Stadt schmiedete. Seitdem ging es allerdings eher abwärts mit der CDU. Dennoch wurde Möller insgesamt elfmal als Partei-Chef wiedergewählt.
Dass er am Freitag an der Spitze Platz macht für Bouffier, sei vor allem der Erkenntnis geschuldet, dass er aufgrund einer immer größer werdenden beruflichen Beanspruchung nicht mehr die Zeit finde, das Amt zu seiner und zur Zufriedenheit aller anderen Parteimitglieder auszuüben. Möller ist Inhaber einer zuletzt stark gewachsenen Immobilienverwaltung in Gießen. »Mein Beruf, der Stadtverband und die Fraktionsarbeit benötigen mehr Zeit, als ich leisten kann. Bei mir hat sich dadurch eine Unzufriedenheit eingestellt, weil ich wusste, dass ich eigentlich mehr leisten müsste«, erklärte Möller. Ein Abschied auch von der Fraktionsspitze sei indes nicht in Frage gekommen. »Das würde ja bedeuten, dass ich keine Lust mehr hätte. Aber das Gegenteil ist der Fall. Ich bin sicher, dass wir eine Lösung gefunden haben, die für alle und vor allem für die Partei sehr hilfreich sein wird.« Im Ergebnis werde die Gießener CDU durch diese neue Sortierung auf jeden Fall »stärker«, ist Möller sicher.
In dem 31-jährigen Bouffier hat Möller für seine CDU auch seinen logischen Nachfolger gefunden. Er habe im OB-Wahlkampf gespürt, »wie viel Spaß« ihm Politik mache und habe sich gefreut, dass ihm Möller »das Amt zutraue«, sagte der Jurist.
Bouffier will Gießener CDU zurück in die Verantwortung bringen
Für seine zukünftige Arbeit an der Spitze, so er denn am Freitag ins Amt gewählt wird, hat Bouffier konkrete Vorstellungen. Eine stärkere Sichtbarkeit der CDU in der Stadt sei ihm ein Anliegen. Oder: »Parteiarbeit muss heute anders laufen als noch vor zehn Jahren.« Man müsse für Mitglieder und Ideen durchlässiger werden, dürfe nicht mehr erwarten, dass Interessierte eine »Ochsentour« durchlaufen, ehe sie sich einbringen dürfen. Seine programmatischen Punkte will Bouffier im Detail am Freitag vorstellen. Klar sei aber, dass es falsch sei, wenn sich eine Stadt ausschließlich auf einen Verkehrsversuch konzentriere. »Eine Stadt wie Gießen hat doch mehr zu bieten. Als Opposition werden wir diese Themen beackern. Denn unser Ziel ist, spätestens nach der nächsten Kommunalwahl wieder in Regierungsverantwortung zu sein und stärkste Kraft zu werden.« (Marc Schäfer)