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Wunderbares Konzert-Comeback

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Sängerin Kira Petry, Nina Wolf an der Violine, Stefan Klonner am Violoncello und Johannes Becker am Klavier bestritten das Konzert in Kleinlinden. FOTO: KDW © Heiner Schultz

Gießen (kdw). Nach langer Zeit fand wieder ein Konzert in der evangelischen Kirche in Kleinlinden. Noch dazu etwas Besonderes, eine »Schubertiade«. Es musizierten die bewährte Sopranistin Kira Petry, Nina Wolf, Violine, Stefan Klonner, Violoncello und Johannes Becker, Klavier. Man hörte Werke von Schubert und Händel, wiedergegeben auf sehr hohem Niveau.

Unter einer »Schubertiade« sei ursprünglich ein »gesellschaftliches Ereignis bei ihm daheim« gewesen, erklärte Pianist Johannes Becker eingangs. Inzwischen gilt der Begriff auch für normale Konzerte mit Werken des Komponisten. Der begrenzte Rahmen der sehr gut besetzten kleinen Kirche vermittelte jedoch durchaus ein eher privates Gefühl.

Los ging’s mit einem Werk aus Georg Friedrich Händels »Neun deutschen Arien«, der »Flammenden Rose«. Mit einem fröhlichen barocken Groove ging das Quartett ans Werk. Kira Petry brachte ihren Sopran sogleich zu voller Präsenz und klang rund und angenehm, mit ihrer schönen klaren Artikulation noch dazu sehr natürlich. Die Violine agierte angenehm flüssig, das Ensemble sehr transparent und geschlossen. Es folgte »Frühlingsglaube«, nur fokussiert auf Sopran und Klavier. Ausgewogene Emotion im Gesang und gute dramaturgische Umsetzung beeindruckten die Zuhörer, kräftiger Zwischenapplaus. »An Silvia«, »Ganymed«, »Auf dem See«, »Geheimes« und »Der Musensohn« wurden mit deutlich variierender Charakteristik musiziert: mal schwungvoll, mal mit schöner milder Dramatik - ein hochwertiges Klangspektrum entfaltete sich, nicht zuletzt beim Sopran. Petry zeigte wieder, dass sie zahlreiche Klangschattierungen mühelos einzusetzen weiß; ein Vergnügen.

Händel als Zugabe

Den Hauptteil bildete Schuberts Klaviertrio Nr. 1 B-Dur, op. 99 in vier Sätzen, ein Spätwerk, das mit etwa 40 Minuten auch ungewöhnlich lang geriet. Schon das eröffnende Allegro fiel glänzend aus. Forsch, mit Elan, Verve und fast im Marschduktus musiziert, riss das die Zuhörer sofort mit. Man genoss sehr differenziert realisierte Dynamik und sehr homogene Streicheraktionen und schöne feine Momente der Violine. Wunderbare zarte Weisen, alle Stimmen wurden klar und deutlich abgebildet: ein Klang von besonderer Transparenz.

Melancholie bestimmte das Andante, ein getragenes Tempo und eine wohltuende milde Dramatik: Ein wohlklingendes Dreigestirn, dem die Spiellust deutlich und dauerhaft anzumerken war.

Das lebhaft fröhliche Scherzo wurde glasklar umgesetzt, auch kleinste Details exzellent realisiert, mit unschlagbar gutem Timing: ein Glanzlicht. Das abschließende Allegro vivace brachte interessante Dynamikvariationen und fröhliche tänzerische Elemente. Schließlich eine nach allen Regeln der Spannungskreation gestaltete, verspielte Endphase - vorzüglich.

Zum Abschluss Händels aus den »Neun deutschen Arien« stammende »Süße Stille« mit einem lieblich klaren Gesang. Man spürte fast, wie sich eine sanfte weiche Klangdecke mit tollen Verzierungen über die Zuhörer legte.

Als Zugabe erhielt das Publikum schließlich Händels »In den angenehmen Büschen«. Das war nach langer Pause - seit dem 23. Juni 2019 - wieder ein wunderbares hochwertiges Konzert.

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