1. Gießener Allgemeine
  2. Gießen

Wörter und Gespinste

Erstellt:

Von: Dagmar Klein

Kommentare

NKV_Eckert_Jennifer_Gewe_4c
Jennifer Eckert zeigt ihr mitgebrachtes Gewebe. © Dagmar Klein

Sie verblüfft mit Kunst aus Fäden und mit gespinst- artigem Gewebe, zu ihren wichtigsten Werkstoffen gehört Mohair-Seide: Im neuen Kunstverein wird heute um 18 Uhr eine Ausstellung von Jennifer Eckert eröffnet.

Die Vorbereitung der Ausstellung im Raum des Neuen Kunstvereins Gießen ist wie so oft von detailreicher und langwieriger Aufbauarbeit geprägt. Denn das Besondere an diesem Raum (»der kleinste Kunstverein Deutschlands«) ist seine Überschaubaubarkeit und die breite Fensterfront des einstigen Kiosks an der Ecke Licher Straße-Nahrungsberg. Die aktuelle Künstlerin heißt Jennifer Eckert (geb. 1988) und kommt gerade von einer Tagung in Wien. Sie ist etwas müde von der langen Busfahrt, aber glücklich, dass sie nun ihre Installation in aller Ruhe fertigen kann. Dafür hat sie einiges mitgebracht, auch packenweise Mohair-Seide-Wollknäuel.

Jennifer Eckert stammt aus dem Norden, geboren in Reinbek, studierte an der Kunsthochschule Kiel, lebt und arbeitet derzeit in Neuss und Berlin. Sie wählte ein Studienfach, das es nur an wenigen Universitäten gibt: Sprache und Gestalt, dazu noch Buchgestaltung. Sie beschäftigt sich mit allen Vorgängen rund um den Umgang mit Büchern. Sehr schnell erweiterte sich ihr Interesse hin zu Textilem, denn »der schwarze Faden ähnelt der Zeichnungslinie und einen Faden kann man aus der Fläche in den Raum hineinholen«, erklärt sie.

Klöppel-Technik gelernt

2019 entdeckte Eckert das Klöppeln, erlernte die Technik und erweiterte sie künstlerisch. Die sich immer wiederholende Handlung (Iteration) ist das Drehen und Kreuzen der Fäden. »Das ist wie der binäre Code am Computer. Aus wenigen Grundelementen entsteht eine unendliche Vielzahl.«

Dann zeichnete sie die Klöppel-Faden-Varianten schematisch, zuerst in Schwarz-Weiß, dann in Farbe. Dann malte sie die realen Varianten ab und fokussierte sich anschließend auf die Lücken im Gewebe. Daraus entstanden zauberhafte, farbige Aquarellzeichnungen.

Ein Aufenthalt im Textile Art Center in New York brachte eine weitere Textiltechnik in Eckerts Blick, das Weben. Nicht herkömmlich am Webstuhl, sondern im Raum. Dafür werden die Kettfäden an einer Wand gespannt, das Webschiffchen ist entsprechend größer, das entstehende Gewebe locker-leicht. Einen Teil wird sie auch im Kunstverein vor Ort weben, doch hat sie vorgesorgt und bringt gespinstartige Gewebe mit.

Eine weitere Entdeckung machte sie in der Sprache mit den von ihr sogenannten kn-Wörtern, die alle aus einem Stamm entspringen und Verballungen benennen: Knoten, Knäuel, Knubbel, Knochen, Knorpel, usw.

»Daraus werde ich noch eines meiner Wort-Bild-Bücher machen«, erklärt Eckert. Bis dahin können Besucher andere ihrer zarten Arbeiten erwerben, es gibt auch eine Kunstvereins-Edition.

Die Ausstellung, die heute um 18 Uhr eröffnet wird, dauert bis 19. November.

Auch interessant

Kommentare