Wieseck und die Geschichte der Münzen

Gießen (gl). Wolfgang Bellof, Vorsitzender des Heimatvereins Wieseck, ist immer wieder für eine Ausstellungsidee gut. Nun hat er zahllose historische Münzen zusammengetragen, um zu zeigen, welche Zahlungsmittel einst in Wieseck eingesetzt wurden. Vereinskollege Helmut Rühl hat dazu leicht verständliche Schautafeln entworfen. Zu sehen ist all das ab diesem Sonntag im Wiesecker Heimatmuseum im Saalbau Schepers.
Die Eröffnung ist am Sonntag um 14 Uhr, das Museum wird danach bis Ende November jeweils am dritten Sonntag eines Monats von 14 bis 17 Uhr für Besucher geöffnet.
Am Sonntag Eröffnung
Vom hessichen Heller bis zum Sterbetaler des Landgrafen, vom Denar bis zum Euro, von der 200-Mark-Münze aus Alu bis zum Notgeld der Stadt Gießen um 1918 - die Auswahl der Zahlungsmittel ist groß. Da helfen der chronologische Aufbau der Schau bei der Zuordnung der Münzen zu den jeweiligen Jahrhunderten und politischen Verhältnissen, aber auch die Schilderungen von Wolfgang Bellof, der an allen Ausstellungstagen vor Ort sein wird.
Wer den farbigen Digitalausdruck der Urkunde von 775, in der Wieseck erstmals erwähnt wurde, gesehen hat, kann sich direkt daneben an einem Aushang über die Brakteaten, so nennt man die Münzen des Mittelalters, informieren. Die waren, im Gegenstz zu den doppelseitig geprägten Denaren, nur auf einer Seite geprägt und hauchdünn. Ein Prager Groschen von 1310, ein Heller aus dem Jahr 1502, ein Handleinheller mit dem Handabdruck des Landesherren - es gibt viel zu entdecken. Und weil die Bistümer Mainz, Fulda und Würzburg im Laufe der wechselvollen Geschichte Wiesecks mitgewirkt haben, gibt es auch ein eigenes Kapitel zu kirchlichem Münzrecht.
Und natürlich darf auch ein eigenes Abteil zu den Landgrafschaften nicht fehlen. Stolz ist Bellof darauf, einen »Licher Groschen« von Philipp Reinhard zu Solms (1593 bis 1635) ausstellen zu können. Auch ein Albus, ein 2-Kreuzer-Stück oder ein Zollpfennig sind zu entdecken. Und wenn Bellof erzählt, dass damals ein Reichstaler dem Wert von 360 Pfennig oder 384 Heller entsprach, kann man sich vorstellen, dass das mit dem Bezahlen im Großherzogtum Hessen im 19. Jahrhundert manchmal ganz schön kompliziert war.
25 Reichstaler Lohn für Ackerknechte
Aufschlussreich ist auch eine Tabelle, die anhand von Beispielen aus dem Alltag der Wiesecker zeigt, wie viel Geld seinerzeit für Dinge des täglichen Bedarfs ausgegeben wurden. Kostete ein Pfund Butter etwa noch um 1764 7 Albus, waren dafür 1846 22 Kreuzer fällig. »Wir bemerken im 17. und 18. Jahrhundert eine starke Teuerung, die vom 30-jährigen Krieg, den nachfolgenden Kriegen und dem im absolutistischen Staat herrschenden Merkantilsystem ausgelöst war«, heißt es dazu in einem Ausstellungstext. Und wer dann vom Jahreslohn eines Wiesecker Ackerknechts im Jahr 1860 liest - 25 Reichstaler, zwei paar Schuhe, eine Steige Tuch, zwei Pfund Wolle und ein Thaler Mietgeld -, der ahnt, dass unser aktuelles Klagen über hohe Energie- und Lebenshaltungskosten im Grunde nichts Neues ist.
Sonderprägungen und Standardprägungen des Deutschen Reiches sind in der Ausstellung ebenfalls zu sehen. Eine 500-Mark-Münze aus den wirtschaftlich schwierigen Jahren zwischen den beiden Weltkriegen oder Scheine und Münzen des 1918/19 wegen Geldmangels von der Stadt Gießen übergangsweise ausgegebenen Notgelds zeugen von Zeiten, in denen viele Menschen ihr Leben kaum finanzieren konnten. »Dieser Schein wird von der Stadtkasse jederzeit entgegengenommen«, liest Bellof von einem solchen Not-Schein vor und scherzt: »Den könnte ich also heute noch bei der Stadt einlösen.«
Eine Münze mit Hakenkreuz, Geldstücke der alliierten Militärregierung, Sonderprägungen mit den Konterfeis diverser Bundeskanzler, 2-Euro-Stücke aus allen Mitgliedsländern der Europäischen Union - die kleine Schau im Heimatmuseum Wieseck lädt dazu ein, sich all das anzuschauen und sich zu vergegenwärtigen, dass solche Geldstücke schon einmal von Bewohnern Wiesecks als Zahlungsmittel genutzt wurden.