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Wieder »stärkste Kraft« werden

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Von: Burkhard Möller

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Der neue CDU-Chef Frederik Bouffier bei seiner Bewerbungsrede. FOTO: MÖ © Burkhard Moeller

Seit Mittwochabend hat die Gießener CDU in Frederik Bouffier einen neuen Vorsitzenden. Der Parteichef gibt sich vier Jahre Zeit, um an die Erfolge zu Beginn der 2000er Jahre anzuknüpfen. Bei der Kommunalwahl 2026 soll die Union wieder »stärkste Kraft« in der Stadtpolitik werden.

Gutes Sitzfleisch ist eine Grundvoraussetzung für eine lange Karriere in der Politik. Die drei Stunden, die Volker Bouffier am Mittwochabend im Bürgerhaus Wieseck absitzen musste, bis sein Sohn Frederik zum neuen Stadtverbandsvorsitzenden und dessen Vorgänger Klaus Peter Möller zum Ehrenvorsitzenden der Gießener CDU gewählt waren, waren für den Ministerpräsidenten a. D. wohl nur eine leichte Übung.

Rund 50 der 70 Lebensjahre hat die Politik das Leben von Volker Bouffier bestimmt, bei dem 56-jährigen Klaus Peter Möller, der Fraktionschef der CDU im Stadtparlament bleibt, sind es auch schon fast 30 Jahre. Nun will F. Bouffier eine neue Ära in der Gießener Union prägen und gab in seiner gut halbstündigen Bewerbungsrede beim Stadtverbandsparteitag gleich ein mittelfristiges Ziel aus. Bei der nächsten Kommunalwahl im März 2026 will er die CDU »wieder zur stärksten Kraft« in der Stadtpolitik machen. »Das muss unser Anspruch sein«, sagte der 31-jährige Rechtsanwalt, den die fast 70 Mitglieder angesichts des 96-Prozent-Votums mit einem anständigen Startkapital versahen.

Nach einem Ausflug in die Bundespolitik legte Bouffier dar, wie er gedenkt, diesen Vertrauensvorschuss zurückzuzahlen. Die CDU soll »durchlässiger« für »Ideen und Interessierte« werden, denen Bouffier »Gehör« verschaffen will. Jahrelange Parteiarbeit auf der »klassischen Ochsentour« sei dafür keine Voraussetzung.

Nur drei Frauen im neuen Vorstand

Mit den bereits installierten themenbezogenen Arbeitskreisen, der Etablierung einer Schulungsreihe »Wie funktioniert Kommunalpolitik«, Stammtischen, themenbezogenen Veranstaltungen, analog wie digital, Info-Ständen auch außerhalb von Wahlkampfzeiten, Besichtigungen und Treffen von und mit Unternehmen, Bildungseinrichtungen und Vereinen soll die CDU intern wie extern Sachkompetenz gewinnen und Präsenz in der Stadt zeigen. »Wir wollen und werden zeigen: Die CDU ist da und wir wollen diese Stadt aktiv gestalten«, kündigte Bouffier an.

Das Manko, dass junge Leute und Frauen »viel zu selten den Weg zur Union finden«, kann der neue Parteichef mit seinem ersten Vorstandsteam noch nicht beheben. Unter den 14 gewählten Vorstandsmitgliedern befinden sich nur drei Frauen.

Mit Blick auf die nächste Kommunalwahl setzt der neue CDU-Chef auch auf Schwächen des aktuell regierenden »Linksbündnisses« aus Grünen, SPD und Gießener Linke, das viel ankündige, aber nichts umsetze. Fast 15 Monate nach der Kommunalwahl sei die Koalition »vor allem mit sich selbst beschäftigt«, in der grünen Führungsfraktion rumore es bei Themen wie Klimaschutz und Verkehr vernehmlich zwischen den jungen Stadtverordneten und den »erfahrenen Kräften«. Exemplarisch stehe der im März 2021 beschlossene - und von der CDU abgelehnte - Verkehrsversuch am Anlagenring. Eine linke Mehrheit habe damals entschieden, dass der Versuch ein halbes Jahr später stattfinden soll, nun sei das Frühjahr 2023 als Starttermin avisiert. Bouffier: »Das ist schon bemerkenswert, dass man über zwei Jahre braucht, um vielleicht einen Beschluss umzusetzen.« »Nichtstun« warf er der Koalition mit Blick auf den Univorplatz vor. Die Stadt hätte hier längst auf die Universität zugehen müssen, um die Probleme mit den »Partyexzessen« in den Sommermonaten zu lösen. Den neuen SPD-Oberbürgermeister Frank-Tilo Becher knöpfte sich Bouffier, der den Einzug in die Stichwahl im vergangenen September knapp verpasst hatte, nebenbei vor: »Wann schiebt der Oberbürgermeister eigentlich mal ein Thema an?«

Kein Wort zu Landtagskandidatur

Kein Thema in seiner Bewerbungsrede waren die Ambitionen, die man F. Bouffier im Zusammenhang mit der nächsten Landtagswahl im Herbst 2023 nachsagt. Die Wahl erwähnte er als Nahziel, sagte aber nicht, ob er eine der beiden Gießener Wahlkreis-Kandidaturen übernehmen will. Auch der nach 23 Jahren ausgeschiedene Parteichef Klaus Peter Möller, der seit 2003 bei allen Landtagswahlen im Stadtwahlkreis angetreten war, verlor über die Landtagswahl kein Wort. Nach dem Rückzug von Volker Bouffier aus der Politik wird auf jeden Fall die Kandidatur im Landtagswahlkreis Gießen-Land frei, den der »MP« in Serie gewonnen hatte.

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