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»Wie Schlussmachen per SMS«

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Von: Kays Al-Khanak

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Gießen (khn). Markus Schmidt von der CDU hat sich als Romantiker geoutet. Wenn man eine Partnerschaft beendet, sollte man wenigstens zum Telefon greifen und keinen Brief mit einer Frist schicken, sagte er. »Das ist fast so schlimm wie Schlussmachen per SMS.« Schmidt war nicht der einzige Kommunalpolitiker, der am Donnerstagabend Stadträtin Astrid Eibelshäuser im Ausschuss für Schule, Bildung, Demokratieförderung, Kultur und Sport wegen des drohenden Endes der Städtepartnerschaft mit der Stadt Waterloo in den USA kritisierte.

Die Städtepartnerschaft zwischen Gießen und Waterloo im Bundesstaat Iowa besteht seit 1981. Wie die zuständige Stadträtin Eibelshäuser im Sitzungssaal des Rathauses sagte, seien die Beziehungen von gegenseitigen Besuchen von Vereinen und Institutionen geprägt gewesen. In den vergangenen zehn Jahren jedoch habe es keine Kontakte mehr gegeben, und es gebe keine Hinweise, dass sich dies ändern werde. Anfang November habe Oberbürgermeister Frank-Tilo Becher den Bürgermeister von Waterloo, Quentin Hart, angeschrieben und angekündigt, die Städtepartnerschaft aufzukündigen - wenn Waterloo keine Einwände erheben werde. Bis heute, sagte Eibelshäuser, habe es darauf keine Reaktion gegeben. Auf der Internetseite der Stadt wird die Partnerschaft mit Waterloo erwähnt. Wer sich jedoch auf der Homepage der amerikanischen Stadt über die Kooperation mit Gießen informieren will, sucht vergeblich.

Andere Kontakte auf den Prüfstand

Der Christdemokrat Schmidt zeigte durchaus Verständnis für den Schritt der Stadt, angesichts der anhaltenden Stille zwischen den Städten die Partnerschaft zu beenden. Einen Brief mit einer Frist zu schreiben, anstatt direkt anzufragen, sei jedoch kein guter Stil, betonte er. Dies sah auch Dominik Erb von der FDP so. Er warf Eibelshäuser außerdem vor, den Städtepartnerschaften keine Priorität einzuräumen. Die Stadt solle sich lieber darum bemühen, den Kontakt mit Waterloo zu erneuern. Stattdessen sollte Gießen auf zwei Partnerschaften verzichten - zum einen mit Wenzhou in China unter der Herrschaft der kommunistischen Partei, zum anderen mit San Juan del Sur in Nicaragua. Das Land baut der Präsident Daniel Ortega laut Menschenrechtsorganisationen zur Diktatur um.

Becher widersprach dem Vorwurf von Erb »vehement«, dass Eibelshäuser sich nicht für die Städtepartnerschaften engagiere. Als Beispiel nannte er die intensiven Kontakte mit den Städten Winchester in England oder Netanya in Israel. Der Oberbürgermeister wies außerdem auf die Probleme wegen der zwei Jahre lang andauernden Pause durch die Corona-Pandemie und die Umbrüche in den Partnerschaftsvereinen hin. Er betonte, wer sich zehn Jahre lang anschweige, könne dies mit einem einzigen Telefonat nicht ändern. Stattdessen biete sich nun eine Chance, Platz für eine Partnerschaft zu machen, in der es wirklich zu Begegnungen kommen kann.

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