Weiter heftige Debatte um das Uniklinikum
Gießen/Wiesbaden (dpa/Reuters/si). Nach dem Kaufangebot des Medizinkonzerns Fresenius an die Aktionäre der Rhön AG ist die Debatte um das Universitätsklinikums Gießen und Marburg, das seit 2006 zu Rhön gehört, wieder voll entbrannt.
Die SPD forderte am Montag bei einer Pressekonferenz in Wiesbaden feste Garantien für Forschung und Lehre in dem Haus. Der Abgeordnete Thomas Spies warf der Landesregierung außerdem vor, sich vorschnell auf Fresenius als Nachfolger des Rhön-Klinikums festgelegt zu haben. »Man muss sich alle Optionen offenhalten«, verlangte er. Dazu gehöre auch der Rückkauf des Klinikums. Die Privatisierung vor sechs Jahren sei ganz offensichtlich gescheitert. Die Regierungsparteien CDU und FDP widersprachen prompt und werteten die Privatisierung weiter als Erfolgsgeschichte.
Die geplante Fusion von Rhön und Fresenius gebe dem Land neuen Handlungsspielraum bis hin zum Rückkauf, hatte Kühne-Hörmann vergangene Woche im Wissenschaftsausschuss gesagt – und dem Rhön-Konzern vorgeworfen, er betreibe die Uniklinik mit ihrem Lehr- und Forschungsauftrag wie ein Kreiskrankenhaus. Die CDU-Abgeordnete Karin Wolff erklärte nun, der Wechsel des Betreibers könne dem Klinikum neue Impulse geben. Dafür werde sich die schwarz-gelbe Landesregierung in den Gesprächen mit Fresenius einsetzen. Diese sollten »unverzüglich« aufgenommen werden.
Wolff erinnerte auch daran, dass Rhön 360 Millionen Euro allein in die Modernisierung und Errichtungen von Gebäuden an beiden Standorten investiert habe; »dies wäre für das Land nicht leistbar gewesen«, sagte sie.
Die FDP lehnt einen Rückkauf des Uniklinikums weiter ab. Erst die Privatisierung habe den Standort Gießen wieder interessant gemacht, erklärte der Abgeordnete Matthias Büger. Tatsächlich habe das Land nach der Übernahme durch Fresenius die Möglichkeit, mit dem Klinikbetreiber neu zu verhandeln. Hier werde das Land »an der einen oder anderen Stelle nachjustieren«.
Die oppositionellen Grünen verlangten harte Verhandlungen mit Fresenius. Zuerst müsse das Land aber mit allen Beteiligten ein Gesamtkonzept für das Klinikum festlegen, erklärte die Abgeordnete Kordula Schulz-Asche.
Fresenius längst nicht am Ziel
Fresenius kann den Rhön-Konzern nur dann übernehmen, wenn mindestens 90 Prozent der Rhön-Aktionäre dem Angebot zustimmen. Ob das gelingt, ist nach Einschätzung von Experten keineswegs sicher. Fürchten muss Fresenius unter anderem, dass einige Kleinaktionäre auf die Briefe ihrer Bank nicht reagieren und es sozusagen verschlafen, ihre Aktien anzudienen. Finanzkreisen zufolge halten Privatanleger 15 Prozent an Rhön-Klinikum. Auch Index-Fonds, die rund drei Prozent an Rhön halten, dürften auf die Offerte nicht reagieren, so lange der Klinikbetreiber in dem Nebenwerteindex notiert ist. Der zweitgrößte Rhön-Aktionär, der schwedische Pensionsfonds Alecta, hält sich ebenfalls bedeckt. Die meisten Beobachter gehen davon aus, dass Fresenius nur dann genügend Rhön-Papiere einsammeln kann, wenn der Vorstand des fränkischen Konzerns den Aktionären ausdrücklich empfiehlt, die Offerte anzunehmen.
»Bisher steht der Vorstand der Offerte neutral gegenüber«, heißt es aus dem Umfeld von Rhön. »Denkbar ist, dass der Vorstand die Offerte als Beitrag zur Konsolidierung grundsätzlich unterstützt, aber einen höheren Preis fordert«, sagte ein Beteiligter.
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