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Von der Liebe mit Stacheln

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Von: Barbara Czernek

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Ein Hauch von Lateinamerika bringen Aníbal Civilotti, Fernando Dias Costa, Gioconda Belli, Viola Gabor und Lutz Kliche in die Petruskirche. © Barbara Czernek

Gießen (bac). Einen Abend voller Poesie, gepaart mit der Musik Lateinamerikas und vielen Informationen aus erster Hand über die aktuelle politische Situation in Nicaragua, das bekam das Publikum in der Petruskirche serviert.

Gioconda Belli, 1948 in Nicaragua geboren, gehört zu den bedeutendsten Schriftstellerinnen Lateinamerikas. Auf Einladung des Partnerschaftsvereins Gießen - San Juan del Surkam sie zusammen mit der Gruppe »Sal Duo« nach Gießen.

Im Grußwort bedauerte Dezernentin Astrid Eibelhäuser sehr, dass der so hoffungsvoll gestartete Reformprozess in Nicaragua gestoppt sei. Sie habe große Sorge um die weitere politische Entwicklung. Dahingehend berichtete Uwe Koperlik, dass man nur noch Projekte von Nichtregierungsorganisationen unterstütze.

Kämpferisch wie eh und je gab sich Belli. Sie stellte ihren jüngsten Gedichtband »Mich lockt die Liebe mit ihren Stacheln« vor. Dabei hatte sie sich beim Schreiben und dem Zusammenstellen ihrer leidenschaftlichen Lyrik selbst gefragt, ob Gedichte schreiben heute noch überhaupt Sinn mache. Diese Frage konnten die Zuhörer nur durch kräftigen Applaus beantworten. Doch wie kann man die Intensität der Gedichte ins Deutsche vermitteln? Dieses Problem wurde wunderbar gelöst, indem Belli ihre Lyrik vortrug und dies Viola Gabor, ihre deutsche Stimme, ins Deutsche simultan übertrug. Die beiden treten in dieser Konstellation schon seit rund 30 Jahren auf. Belli wurde auch begleitet von lateinamerikanischer Musik des Duos Grupo Sal, die immer wieder gerne nach Gießen kommen, wie Sänger Fernando Dias Costa erzählte. Gemeinsam mit Aníbal Civilotti bereicherte er den Abend mit Liedern und Rhythmen aus Brasilien, Peru, Nicaragua und Portugal. Passend zu den Gedichten lag der Schwerpunkt auf den starken, stolzen Frauen dieser Länder.

Gioconda Belli lebt im Exil in Madrid

Mit ihrer kämpferischen, feministischen Lyrik ist Belli zum Sprachrohr vieler geworden. Gnadenlos wurde und wird sie deswegen verfolgt. 1970 beteiligte sie sich am Widerstand der Sandinistischen Befreiungsfront gegen die Somoza-Diktatur, musste fliehen, kehrte vor einigen Jahren wieder in ihr Heimatland zurück und musste es 2021 erneut verlassen. Aktuell lebt sie im Exil in Madrid. »Nach all den Kämpfen hatten wir es nicht für möglich gehalten, dass Daniel Ortega und seine Familie die ganze Macht an sich reißen«, erzählte sie im Gespräch mit Moderator Lutz Kliche. Sie unterstützt die demokratischen Kräfte in ihrem Heimatland, das sich nun zur Diktatur gewandelt hat.

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