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Viele ukrainische Schüler kommen in Gießener Schulen

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Von: Christoph Hoffmann

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Nach den Osterferien werden auch viele ukrainische Schüler an die Gießener Schulen strömen. © Oliver Schepp

Neben Frauen sind es vor allem Kinder, die vor dem Krieg aus der Ukraine fliehen. Und die werden nun auch an den Gießener Schulunterricht aufgenommen. Für die Verantwortlichen ist das ein Spagat: Die Jungen und Mädchen sollen einerseits integriert werden, gleichzeitig aber auch den Schulstoff aus ihrer Heimat lernen.

24 Jungen und Mädchen, die vor den Bomben in ihrer ukrainischen Heimat geflohen sind, drücken derzeit an der Brüder-Grimm-Schule in Gießen die Schulbank. Das sind viele, aber längst nicht alle ukrainischen Schüler in Gießen. »Zurzeit werden etwas mehr als 70 Schülerinnen und Schüler in den Schulen der Stadt Gießen unterrichtet, davon etwa 40 in den weiterführenden Schulen, etwa 20 an den Grundschulen und zwölf an Beruflichen Schulen«, sagt Norbert Kissel, der Leiter des staatlichen Schulamts für den Landkreis Gießen und den Vogelsbergkreis. Kissel rechnet nach den Osterferien aber noch mit deutlich höheren Zahlen. »Man spricht bereits von mehreren Zehntausend Schülerinnen und Schülern, die in nächster Zeit bei uns im Hessenland ankommen werden, davon auch sicher einige in Gießen.«

Bereits nach der Flüchtlingswelle 2015 standen die Verantwortlichen des deutschen Schulsystems vor einer großen Aufgabe. Das ist jetzt im Zuge des Krieges nicht anders. Allerdings bringt die Umsetzung ganz andere Herausforderungen mit sich. Den während etwa syrische Kinder in erster Linie integriert werden müssen, um dann den deutschen Schulstoff zu lernen, sollen die Flüchtlingskinder aus Kiew und Co. weiterhin den Schulstoff ihres Heimatlandes lernen. Die ukrainische Generalkonsulin Iryna Tybinka hat jüngst bei einem Treffen mit den deutschen Kultusministern die Bedeutung von Kontinuität bei der Beschulung der ukrainischen Kinder in Deutschland hervorgehoben. Es sei wichtig, dass sie weiter ihre Sprache, Geschichte und Kultur lernen könnten. Denn die Flucht, das betonen viele Ukrainer, soll nur temporär sein und nicht in einer Emigration münden.

Diese Zweigleisigkeit hat diese Woche auch Kultusminister Alexander Lorz hervorgehoben. »»Wir wollen einerseits die Deutschförderung und Integration in unser Schulsystem und andererseits die Fortführung eines Teils des bisherigen ukrainischen Schullebens ermöglichen.« So sei ein spezieller Sprach- und Kulturunterricht in ukrainischer Sprache geplant, weshalb nun auch verstärkt nach ukrainischen Lehrkräften gesucht werde.

Schulen stoßen an Kapazitätsgrenzen

Laut Schulamtsleiter Kissel besuchen die als schutzsuchend gemeldeten Kinder und Jugendlichen aus der Ukraine in Gießen zunächst die bestehenden Intensivklassen, deren Zahl ausgeweitet werden soll. »Natürlich ist es auch möglich, dass die ukrainischen Schülerinnen und Schüler den Regelunterricht besuchen, so in Fächern, in denen die deutsche Sprache auch durch Englisch oder andere Kommunikationsweisen ersetzt werden kann.« Ein zentrales Anliegen sei es aber, dass sich die Kinder und Jugendlichen intensiv mit der deutschen Sprache befassen.

Was die Herausforderung ein Stück weit vereinfacht, ist der hohe Bildungsgrad in der Ukraine, sagt Kissel. »Die Ukraine verfügt über ein leistungsfähiges Schulsystem, das an die Schülerinnen und Schüler hohe Anforderungen stellt. Entsprechen dürften die meisten Schülerinnen und Schüler auch eine hohe Leistungsbereitschaft und ein von Disziplin und Interesse geprägtes Lernverhalten mitbringen.« Insbesondere im Fach Mathematik seien die ukrainischen Schüler auf einem sehr hohen Leistungsniveau, sagt Kissel. »Dies wurde mir bereits von vielen Schulen so bestätigt.«

Neben pädagogischen Herausforderungen, sehen sich die Gießener Schulen aber auch mit ganz praktischen Fragen konfrontiert. »Wir werden an den Standorten sehr schnell an räumlichen Kapazitätsgrenzen stoßen. Auch müssen eiligst Lehrkräfte her, die die sich erweiternde Zahl von Intensivklassen betreuen. Das fordert alle rund um Schule enorm«, betont Kissel.

Besonders ein drohender Platzmangel würde auch die Stadt Gießen als Schulträger beschäftigen. »Bei den aktuellen Zahlen haben wir aber noch ausreichend Kapazitäten«, betont die zuständige Stadträtin Astrid Eibelshäuser. Gleichzeitig müsse man damit rechnen, dass der Zuzug von ukrainischen Kindern auch in Gießen weiter steige. »Wenn es wirklich eng werden sollte«, sagt Eibelshäuser, »könnten Räumlichkeiten in den Kirchengemeinden oder der Jugendarbeit für Unterricht genutzt werden.«

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