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Verwaltungsgerichtshof: Doch »Maulkorb« für OB Grabe-Bolz

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Gießen (mö). Gießens Oberbürgermeisterin Dietlind Grabe-Bolz hat vor dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof (VGH) in Kassel eine ganz bittere Niederlage hinnehmen müssen.

Das VGH hat es Grabe-Bolz untersagt, sich im laufenden Wahlkampf in ihrer Funktion als Oberbürgermeisterin kritisch über die rechtsextreme NPD zu äußern. Das höchste hessische Verwaltungsgericht befürwortete damit eine Beschwerde der Neonazi-Partei gegen eine Entscheidung des Gießener Verwaltungsgerichts. Wie berichtet, hatte das hiesige VG der OB zugebilligt, sich öffentlich für ein Verbotsverfahren gegen die NPD auszusprechen und Wahlplakate mit der Parole »Lieber Geld für die Oma statt für Sinti und Roma« volkverhetzend zu nennen. Einen Antrag der NPD, Grabe-Bolz diese Äußerungen zu verbieten, lehnte das Gießener VG ab und überschrieb seine Pressemitteilung vom Dienstag mit dem Satz: »Kein ›Maulkorb» für Gießener Oberbürgermeisterin.«

Nach Auffassung der Kasseler Richter hat die SPD-Politikerin gegen ihre Neutralitätspflicht als Amtsträgerin verstoßen. »Das Gebot der freien Wahl untersagt es staatlichen und gemeindlichen Organen, sich in amtlicher Funktion vor Wahlen mit politischen Parteien zu identifizieren und sie als Amtsträger zu unterstützen oder zu bekämpfen«, heißt es in der Begründung des Beschlusses.

Zudem unterstellte der VGH bei Grabe-Bolz eine »Wiederholungsgefahr« und sieht die Angelegenheit als eilbedürftig an, weil durch »weitere gleichartige Äußerungen« der OB vor den am Sonntag stattfindenden Wahlen eine unzulässige Wahlbeeinflussung zu Lasten der NPD vorliegen würde. Eine Anrufung des Bundesverwaltungsgerichts durch die Stadt ließ der VGH nicht zu: »Der Beschluss ist unanfechtbar.«

OB verweist auf Amtseid

Grabe-Bolz reagierte auf GAZ-Anfrage mit Unverständnis auf das Urteil des VGH: »Ich halte den Beschluss für in der Sache nicht nachvollziehbar.« Besonders bedauerlich sei es, dass es keine Möglichkeit mehr für die Stadt gebe, diesen Eilbeschluss in einem Hauptverfahren überprüfen zu lassen, da der VGH nicht auf einer Klage in der Hauptsache bestanden habe. »Ich würde tatsächlich gerne dafür kämpfen, dass ich auch als Oberbürgermeisterin weiterhin eine Stimme habe und da, wo ich Gefahren für unsere Verfassung sehe, immer und auch in Wahlkampfzeiten öffentlich Stellung nehmen darf. Ich halte den Beschluss besonders deshalb für ein bedenkliches Zeichen, weil ich einen Amtseid darauf geschworen habe, unsere Verfassung zu schützen. Dieser Eid gilt auch in Wahlkampfzeiten«, erklärte Grabe-Bolz.

Auf verlorenem Posten steht die Stadt auch mit ihrer Strafanzeige wegen Volksverhetzung gegen den NPD-Landesvorsitzenden Daniel Knebel, dies im Zusammenhang mit den gegen die Volksgruppe der Sinti und Roma gerichteten Plakaten. Dem Beschluss des VGH ist zu entnehmen, dass die Generalstaatsanwaltschaft in Frankfurt sämtliche Staatsanwaltschaften in Hessen über ihre Rechtsauffassung informiert hat, wonach die Plakatparole im Sinne des Strafgesetzbuches keine Volksverhetzung darstellt.

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