»Versucht, füreinander da zu sein«

Gießen (bac). Mit einem würdevollen Gottesdienst in der Petruskirche am Wartweg wurde dem 40-jährigen Bestehen der Jugendwerkstatt gedacht. Die Jugendwerkstatt ist einst aus der »Beratungsstelle für arbeitslose Jugendliche« unter der Trägerschaft der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) hervorgegangen und auch heute noch organisatorisch mit ihr verbunden.
Es war kein Gottesdienst im üblichen Sinne, denn auch die Jugendwerkstatt ist keine gewöhnliche Einrichtung. Innerhalb des liturgischen Rahmens, den Dekan André Witte-Karp gemeinsam mit Pfarrer Dr. Gabriel Brand gestaltete, wurde auch denjenigen Menschen Raum gegeben, die die Jugendwerkstatt zu einem besonderen Ort machen: Einprägsam waren die Worte von Adelina Berisa und Emilian Markus, zwei Teilnehmer der Einrichtung. Sie sprachen von ihren Wünschen, Hoffnungen und Sorgen. Berisa dankte der Jugendwerkstatt und den Betreuern für die stetige Hilfe und Unterstützung bei allen Fragen und Problemen. Sie wünschte für sich und für alle ein glückliches Leben, Gesundheit und dass manche »etwas reifer im Kopf« würden.
Markus hoffte im Gottesdienst, dass er später einmal eine Familie durch seine Arbeit ernähren kann. Und er sprach offen von seinen Ängsten, es nicht zu schaffen und dann möglicherweise als Obdachloser zu enden.
Auf diese eindringlichen Worte nahm auch Kirchenpräsident Dr. Volker Jung Bezug in seiner Predigt. Er verknüpfte diese Gedanken mit der Seligpreisung aus der Bergpredigt.
Jung regte an, »selig« durch »glückselig« zu ersetzen, und spannte damit den Bogen zu jenen Dingen, die jeder für sich wünscht, um ein glückliches Leben zu führen. »Was Jesus hier sagt, bringt keine einfachen Lösungen. Jesus sagt aber sehr eindrücklich, was ein gutes, erfülltes Leben ausmacht.« Jung versicherte, dass Gott für alle Menschen da sei, auch wenn diese noch so geringschätzig über sich selbst denken würden. »Ihr seid und bleibt Gottes geliebte Menschenkinder. Versucht, miteinander und füreinander da zu sein.« In diesem Sinne und in diesem Geist sei die Jugendwerkstatt vor 40 Jahren auf den Weg gebracht worden, in einer Gesellschaft, die teilweise auch unbarmherzig, ungerecht und friedlos sein kann. Daher dankte Jung allen Menschen, die sich an der Botschaft Jesus orientierten und dies ganz konkret in die Arbeit in die Jugendwerkstatt einfließen ließen. Abgerundet wurde dieser Teil des Gottesdienstes mit Gebeten, die von Mitarbeitern der Jugendwerkstatt eigens für diesen Anlass geschrieben wurden. Darin dankten sie vor allem für jegliche Unterstützung und für die Kollegialität unter allen Mitarbeitern.
Becher: Wichtig für den Zusammenhalt
Regierungspräsident Dr. Christoph Ullrich überbrachte die Grüße des Ministerpräsidenten und betonte die Bedeutung dieser Einrichtung für die Region. Oberbürgermeister Frank-Tilo Becher nahm in seinem Grußwort Bezug darauf, dass er schon sehr lange in seinen unterschiedlichsten Funktionen die Jugendwerkstatt begleitet habe. Sie sei ein wichtiger Beitrag für den menschlichen Zusammenhalt, denn jeder habe »ein Recht auf seine eigene Chance«.
Musikalisch ausgestaltet wurde der Gottesdienst an der Orgel von der Dekanatskantorin Marina Sagorski, unterstützt und begleitet von Martin Zörb am Saxophon. Zu Beginn hatte Geschäftsführerin Mirjam Aasmann die Teilnehmer begrüßt und sie zu einem gemeinschaftlichen Austausch im Anschluss an den Gottesdienst eingeladen, was gerne angenommen wurde.