1. Gießener Allgemeine
  2. Gießen

Verkehrsversuch als »Schnittmuster«

Erstellt:

Von: Burkhard Möller

Kommentare

oswald_130423_4c
oswald_130423_4c © Red

Zum Verkehrsversuch am Anlagenring ist nach den Osterfeiertagen die Bürgerbeteiligung angelaufen. Auf der Plattform GießenDirekt im Internet sind fast 40 Pläne von Kreuzungen eingestellt worden. Laien können die Abbildungen kaum nachzuvollziehen. Einen ersten Begleittext zieht die Stadt stillschweigend zurück.

Als die Stadt vor einer Woche über den Stand der Vorbereitungen zum Verkehrsversuch auf dem Anlagenring informierte und den Journalisten die geplanten Veränderungen an den wichtigsten Kreuzungen präsentiert wurden, räumte das Tiefbauamt ein, dass die verkehrstechnischen Abbildungen nicht einfach zu verstehen sind. Der stellvertretende Amtsleiter Robert Pelich sprach von »Schnittmustern«, wie man sie früher aus Modemagazinen kannte.

Seit Dienstag kann man diese »Schnittmuster« auf der Homepage der Stadt Gießen bzw. der Bürgerbeteiligungsplattform GießenDirekt studieren. Zum Auftakt der Bürgerbeteiligung zum Verkehrsversuch wurden nach den Osterfeiertagen fast 40 Kreuzungspläne eingestellt - ohne weitergehende Erklärungen, was darauf zu sehen ist. Die künftige Verkehrsführung mit den beiden Fahrradstraßen auf der Innenbahn des Anlagenrings und der Einbahnstraße für den Autoverkehr auf den Außenbahnen erschließt sich nur schwer, auf einigen Abbildungen regiert die Fachsprache (»Inselkopf abkröpfen«, »Überfahrt für LA-Spur herstellen«, »Klemmfix vor Ort festlegen«). Neben der Planzeichnung gibt es jeweils auch eine Version, die mit einem Luftbild hinterlegt ist, was immerhin die Wiedererkennbarkeit der Örtlichkeit erleichtert. Zu jeder Kreuzung können in einem Kommentarfeld Fragen gestellt werden, »die für alle sichtbar beantwortet werden«, heißt es im Begleittext.

Der war am Dienstag noch länger, am Mittwoch erschien plötztlich eine deutlich kürzere Version. Die vorherige war stillschweigend gekürzt worden, was an dem wolkigen PR-Text gelegen haben könnte. Zitat: »Wir hoffen, dass auch Sie offen und positiv neugierig darauf sind, was uns im Hinblick auf die Änderungen der Verkehrsführung und andere Folgen erwartet. Wir würden uns freuen, wenn Sie uns auf dieser Reise begleiten und mit uns gemeinsam herausfinden wollen, was uns alle im besten Sinne verbindet: eine gemeinsame Vorstellung davon, wie wir auch in Zukunft gemeinsam gut zusammenleben wollen.« Weiter ging es in der verschwundenen Passage über das Motiv des Versuchs, mit dem Freiräume im Sinne einer attraktiveren Innenstadt geschaffen werden sollen: »Wir freuen uns darauf und möchten dies mit Ihnen teilen.«

PR-Text ein »Versehen«

Auf Anfrage, warum der ursprüngliche Begleittext gelöscht worden ist, hieß es am Mittwoch aus dem städtischen Büro für Bürgerbeteiligung: »Diese Textpassage ist versehentlich reingerutscht. Das gehört da nicht hin.« Auf der Beteiligungsplattform wolle man sich auf Sachinformationen beschränken. Diesbezüglich sei noch »einiges geplant«.

Der Ursprungstext gehört offensichtlich zur Kampagne »Herausfinden, was uns verbindet«, mit der eine positive Stimmung für den Verkehrsversuch erzeugt werden soll. Die neue Verkehrsführung werde »viele Gewohnheiten ändern« und erzeuge daher »Ängste und Fehlinformationen«, hatte Evelina Stober vom Klimaschutzmanagement der Stadt, das die Kampagne betreut, in der Pressekonferenz vor Ostern erklärt. Das bislang eher »negative Narrativ« wolle man verändern.

Sachinformationen zum Verkehrsversuch gibt es schon länger auf einer Sonderseite (www.giessen.de/Verkehrsversuch), wo ein sogenanntes FAQ mit den wichtigsten Fragen und Antworten zur geänderten Verkehrsführung veröffentlicht wurde. Neben bereits bekannten Informationen, was die Verkehrsführung für die Bewohner und Geschäfte innerhalb des Anlagenrings bedeutet, wird dort auch erläutert, was sich in den Straßen rund um die Fußgängerzone ändert und wo zum Beispiel Einbahnstraßen eingeführt werden, wegfallen oder gedreht werden.

So wird die Landgrafenstraße an der Ostanlage zur Sackgasse, die Einbahnstraße in der Senckenbergstraße wird umgedreht, ebenso in der Neustadt und der Schanzenstraße. Dagegen wird die Braugasse in beide Fahrtrichtungen befahren werden können.

Wie vor Ostern berichtet, wird die Verkehrsführung am Anlagenring ab Mitte/Ende Juni in vier Bauabschnitten geändert. Los geht es mit der Ostanlage und dann weiter - gegen den Uhrzeigersinn - mit dem Abschluss an der Südanlage. Bis Oktober soll die Umgestaltung abgeschlossen sein.

Am 24. April, 3. und 5. Mai finden drei öffentliche Anwohnerversammlungen zum Verkehrsversuch im Schuhhaus Darré, im Rathaus und der Ricarda-Huch-Schule statt. Nähere Informationen folgen.

oswald2_130423_4c
oswald2_130423_4c © Red

Auch interessant

Kommentare