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Ratten und Tauben in Gießen: Wachsende Populationen sind problematisch

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Von: Christoph Hoffmann

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Ratten können bis zu 120 Infektionskrankheiten übertragen.
Ratten können bis zu 120 Infektionskrankheiten übertragen. © DPA Deutsche Presseagentur

Wenn der Hund der Freund des Menschen ist, sind Ratten und Tauben seine Feinde. Ihre großen Populationen sorgen vor allem in Stadtgebieten regelmäßig für Probleme. In Gießen ist das nicht anders. Zumindest gegen die Nager geht die Stadt daher auch vor.

Gießen – Das Problem: Ein Mitarbeiter der Mittelhessischen Wasserbetriebe (MWB) hat einmal gesagt, in Gießen gebe es grob geschätzt 400.000 Ratten. Immer wieder melden sich Gießener Bürger bei der Stadt oder in der Redaktion dieser Zeitung und berichten von Rattensichtungen. Und das, obwohl die Nager sich dank des 500 Kilometer langen Kanalnetzes die meiste Zeit ungesehen im Untergrund bewegen können. Laut MWB sind die Ratten in den vergangenen beiden Jahren jedoch häufiger an der Oberfläche gesichtet worden als zuvor. Das liege vor allem daran, dass die Menschen wegen Corona vermehrt Zeit im Freien verbracht und dabei Müll produziert hätten. Auch das Essen »to go« wegen der geschlossener Restaurants habe zu mehr Abfall geführt, der die Nager angelockt habe.

Ratten sind aus mehreren Gründen problematisch. Sie können bis zu 120 Infektionskrankheiten übertragen, darunter das Hantavirus, Typhus und Cholera. Zudem verunreinigen sie Nahrungsvorräte und beschädigen Materialien wie etwa Stromkabel.

Tauben werden als Ratten der Lüfte bezeichnet. Das ist ein wenig drastisch, schließlich überträgt die gemeine Stadttaube nicht mehr Krankheiten als Amsel, Drossel, Fink oder Star. Allerdings sind ihre Hinterlassenschaften auf Autos und Gebäuden nicht nur ärgerlich, sie können durch ihren alkalischen pH-Wert auch Oberflächen verätzen. Eine Schätzung, wie viele Tauben in Gießen leben, gibt es nicht.

Rattenproblem in Gießen: Kampangne gegen die Nager im Jahr 2022 geplant

Gegenmaßnahmen: Gegen die Tauben ist die Stadt in der Vergangenheit öfter vorgegangen, sagt Magistratssprecherin Claudia Boje. »Ich erinnere mich noch daran, dass gelegte Eier gegen Gipseier ausgetauscht und auch andere Mittel eingesetzt wurden, um die Population natürlich zu reduzieren.« Zudem habe es in Gießen auch mal ein Taubenhaus gegeben, um die Tiere von anderen Gebäuden wegzulocken. Diese Maßnahmen seien allerdings nicht von großen Erfolg gekrönt gewesen, sagt Boje. »Letztlich ist es so: Auch eine Überpopulation führt zu Tier-Elend. Wenn der natürliche Rückzugsraum nicht in übergroßem Maße vorhanden ist, regelt sich diese Frage natürlich. Derzeit jedenfalls gehen wir weder von Tauben-Elend noch von Tauben-Plagen aus - und unternehmen nichts.«

Bei den Ratten ist das anders. Im Sommer 2019 präsentierten die MWB eine großangelegte Kampagne. Der Slogan »no food, no rats« prangte an Hauswänden, Plakaten und Fahrzeugen der Müllabfuhr. Dadurch sollten die Bürger sensibilisiert werden, keine Essensreste in die Toilette oder die Natur zu werfen. Das Budget der Kampagne betrug 15.000 Euro und somit lediglich die Hälfte der Summe, die jährlich zur Rattenbekämpfung in der Stadt Gießen anfällt. Dafür werden spezielle Boxen in den Kanälen deponiert, die mit Lockstoffen versehen sind. So soll getestet werden, ob an besagter Stelle tatsächlich ein Befall vorliegt. Per Bewegungsmelder erfahren die Mitarbeiter der MWB, ob eine Ratte angebissen hat. Werden mindestens 75 Ratten innerhalb von zehn Tagen registriert, kommen toxische Stoffe zum Einsatz.

20 solcher Behälter waren 2019 im Stadtgebiet im Einsatz. Laut Boje soll diese Kampagne 2022 wiederholt werden. Neben dieser Kampagne hat das Ordnungsamt zudem in einigen Schwerpunktbereichen wie zum Beispiel dem Döner-Dreieck oder der Neuen Bäue Grundstückeigentümer teilweise mit Anordnungen zu entsprechenden Bekämpfungsmaßnahmen aufgefordert. Eine besonders neue Situation oder außergewöhnliche Hotspots seien im Stadtgebiet jedoch nicht festgestellt worden, betont Boje.

Tauben- und Rattenproblem in Gießen: Anständiges Entsorgen von Essensresten schafft Abhilfe

Prognose: Tauben sind Kulturfolger. Die Nähe zum Menschen bringt ihnen Vorteile, sei es durch Nistmöglichkeiten und vor allem in Form von Nahrung. Es ist also utopisch zu glauben, dass der Seltersweg irgendwann einmal frei von Tauben sein wird.

Bei den Ratten ist es nicht anders. Gießen ist in den vergangenen Jahren rasant gewachsen, inzwischen leben hier über 90.000 Menschen. Das sind 90.000 potenzielle Nahrungslieferanten. Die Maßnahmen der Eindämmung der Ratten- und Tauben-Populationen waren in den vergangenen Jahren von wenig Erfolg gekrönt. Das zeigt: Die Möglichkeiten der Behörden sind begrenzt. Eine Verbesserung können aber die Bürger erreichen. Indem sie Essensreste anständig entsorgen. (chh)

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