Underground mit Logenblick

Im Stadttheater war es mal wieder Zeit für einen Poetry Slam. Bei »Gemischte Tüte für 5 Mark« bildeten dabei sechs Wort-Jongleure drei Teams, um eine Jury aus dem Publikum von sich zu überzeugen.
Es geht hier aber nicht darum, wie lustig oder politisch die Vortragenden waren. Es geht darum, was ihr fühlt«, lautete der Appell von Moderator Lars Ruppel an die handverlesene Jury aus dem Publikum. Nach etwas Nachdruck vom Moderator fanden sich immerhin fünf Freiwillige, die nach jedem Auftritt eine Zahl von eins bis zehn hochhielten. Eine Zehn wäre hier die Traumwertung.
Team »Poetry Slam« setzte sich aus der Berlinerin Lucia Lucia und dem Karlsruher Artem Zolotarov zusammen. Beide deutschlandweit bekannte Gesichter in der Szene. Sie versuchten das Publikum mit ihrer gefühlvollen und tiefen Lyrik zu überzeugen. »Liebeslyrik« brachte Lucia mit. Über den trostlosen Alltag eines Mannes reimte sie, der nach einem Sinn in seinem Leben sucht und ihn schließlich in der neu zugezogenen Nachbarin findet. Als er ihr in die Augen sieht und sich verliebt, pausierte Lucia ihre Zeilen und mit einem verschmitzten Lächeln: »Ab hier wird es kitschig.« Sie sollte Recht behalten. Am Ende die Erkenntnis: »Gute Liebe ist auch immer Anarchie.« Team Kollege Artem Zolotarov rappte über »Wahnsinn, was hier passiert« und meint damit die Poetry-Slam-Szene, die von allem ein bisschen zu sein scheint: »Underground mit Logenblick, Theater-Frack mit Dosenbier. Ein wenig zu Kommerz, ein wenig zu nischenhaft«, rappt er abwechselnd schnell und langsam.
Team »Musik« setzte hingegen auf humorvolle Songtexte mit Unterstützung einer Akustikgitarre. Das kam bei der Jury am besten an. Coremy und Simon Slomma zauberten dabei Lachtränen in die Gesichter der Gäste. Simon legte los mit seinem Song »Second Hand«, denn »alle seine guten Freunde« tragen gebrauchte Klamotten. Er unterbricht plötzlich den Song nachdem er einen Gast fragte: »Was ist dein Outfit wert?« Als der Mann in der ersten Reihe nicht antwortet, sagte Simon gespielt genervt: »Komm schon, wir haben das doch geprobt.« Die Erwartungshaltung von »Poetry-Slomma« war, dass der Gast »einen Zehner« sagt. Im zweiten Anlauf klappte es dann schließlich. Das Publikum feierte diesen improvisierten Moment genauso, wie Coremys Song über Beinbehaarung. »Du musst mit dem Strich streicheln«, trällerte sie mehrfach.
Bei Team »X« fiel es schließlich schwer die beiden Mitglieder in eine einzige Kategorie zu pressen. Während Janina Otto sich selbst als »Science-Slammerin« bezeichnet und Wissenschaft mit Humor verknüpft, setzte Moniker auf (mehr oder weniger) weise Worte und die (mehr oder weniger) therapeutischen Klänge ihrer Querflöte.
Schenkelklopfer und Pheromone
Speziell für die Gießener stieg sie mit einem Schenkelklopfer ein: »Was habe ich lieber als Blumen«, fragte sie und antwortete nach einer kurzen Pause mit breitem Lächeln: »Gießen!« Nach der überwiegend amüsierten Reaktion der Zuschauer ging ihr Stück skurril weiter. Sie erklärte, wodurch sie trotz Depression ein Sonnenschein werden konnte: »Durch Yoga, meinen Kater Schnulli und Memes«. Insbesondere »Memes« aus den sozialen Medien hätten sie aus einer Krise gerettet. »Zeit dem Internet etwas zurückzugeben«, sagte sie und warf ein esoterisches Facebook-Bild eines Frosches an die Leinwand. Sie spielte eine Melodie mit ihrer Querflöte. Dem Publikum gefiel der stumpfe Humor von Moniker, die Teil des digitalen Joke-Tanks »Luksan Wunder« ist. Weniger philosophisch, dafür wissenschaftlicher, ging es bei Teamkollegin und Humanbiologin Janina Otto zu. Sie referierte zum Thema Schweiß und Pheromone.