9-Euro-Ticket: Sonderregelung für Gießen wird kommen
Neben dem kommenden 9-Euro-Ticket gibt es in Gießen die Möglichkeit, auf einen Sozialtarif zurückzugreifen. Dennoch rechnet man nicht mit einem Ansturm.
Gießen – Ab Freitag (20. Mai) kann das 9-Euro-Ticket im Nahverkehr erworben werden. Zusätzlich zu dem in ganz Deutschland geltenden Angebot gibt es in Gießen einen Sozialtarif. Da in Gießen schon jetzt fast die Hälfte aller ÖPNV-Nutzer umsonst oder vergünstigt fährt, wird ab 1. Juni nicht mit einem zusätzlichen Ansturm auf die Stadtbusse gerechnet. Die SWG behalten die Situation im Auge.
Die Sylter haben Angst vor dem 9-Euro-Ticket, der Bürgermeister von Gießen nicht. »Wir wünschen uns einen Ansturm auf den Nahverkehr«, sagte Alexander Wright am Dienstag vor den heimischen Medien in Anspielung auf die Befürchtungen, die in den letzten Tagen auf der Nordseeinsel der Reichen und Schönen gegen die Einführung des bundesweiten und vorerst für die drei Sommermonate gültigen Sondertarifs geäußert worden waren. Für den Grünen-Politiker, der in Gießen in den nächsten Jahren die Verkehrswende umsetzen soll, bietet das Ticket »jede Menge Chancen für den öffentlichen Nahverkehr«.
Auch in Gießen kann das 9-Neun-Euro-Ticket, mit dem die rot-grün-gelbe Bundesregierung unter anderem die unter den hohen Spritpreisen ächzenden Autofahrer ein Entlastungsangebot machen will, voraussichtlich ab dem übernächsten Freitag (20. Mai) erworben werden. Auf eine Entlastung für den knappen Gießener Verkehrsraum hofft dagegen der Gießener Verkehrsdezernent Wright: »Vielleicht macht der ein oder andere die Erfahrung, dass man das Auto auch mal stehenlassen kann.«

Mit dem Gießen-Pass beim 9-Euro-Ticket nur die Hälfte zahlen
Eine Gießener Sonderregelung gibt es für die Inhaber des Sozialtarifs Gießen-Pass. Sie können das 9-Euro-Ticket in der Mobilitätszentrale der Stadtwerke am Marktplatz kaufen, zahlen aber nur 4,50 Euro für die monatliche Nutzung von Bussen und Regionalbahnen, und zwar bundesweit. Die Differenz wird aus dem Haushalt der Stadt beglichen. »Jenen den Zugang zu erleichtern, die finanziell nicht so gut dastehen, ist eine Frage der Solidarität und für uns eine Selbstverständlichkeit«, erklärte der ehrenamtlichen Sozialdezernent Francesco Arman (Gießener Linke). Anne Müller-Kreuz, Leiterin des Nahverkehrsservice der Gießener Stadtwerke, gab die Zahl der Gießen-Pass-Inhaber unter den Stadtbuskunden mit rund 5000 an.
Für das Jugendamt informierte Stadträtin Gerda Weigel-Greilich (Grüne), dass es in diesem Sommer das 26 Euro teure Nahverkehrsticket für die kleinen Teilnehmer, die am Ferienprogramm der Stadt teilnehmen, nicht geben wird. Weigel-Greilich riet zum Erwerb des 9-Euro-Tickets. »Damit lassen sich die sechs Wochen Sommerferien viel günstiger abdecken«, sagte die Jugenddezernentin.
Gießen: Mit zusätzlichem Ansturm an Fahrgästen wegen 9-Euro-Ticket wird nicht gerechnet
Mit Kapazitätsproblemen rechnen die SWG ab dem 1. Juni eher nicht, wollen die Situation aber im Auge behalten. »Wir werden im Rahmen unserer Möglichkeiten gegebenenfalls nachsteuern«, kündigte Müller-Kreutz an. Die Kapazitäten der MitBus GmbH seien allerdings begrenzt: »Zehn Busse zusätzlich morgens, die haben wir nicht.« Vor dem Hintergrund, dass jetzt schon knapp die Hälfte aller ÖPNV-Nutzer in Gießen Busse und Bahnen mit Semester-, Schüler-, Senioren-, Landes- und Jobticket umsonst oder vergünstigt nutzt, rechnet man also nicht mit einem Ansturm.

Inhaber solcher Tickets brauchen übrigens kein 9-Euro-Ticket. Ihr Sondertarif gilt dank der Bundesregierung im Sommer freilich bundesweit und nicht nur im Gebiet des RMV-Verbunds. Das gilt auch für Inhaber von ÖPNV-Abos wie Jahreskarten, die in den kommenden drei Monaten den Differenzbetrag zum 9-Euro-Ticket erstattet bekommen. Die Einführung dieser Sondertickets hatte laut Müller-Kreutz nach und nach zu einem höheren Fahrgastaufkommen geführt: »Aber dann kam Corona.« (Burkhard Möller)
Erst kürzlich wurde in der Gießener Politik darüber diskutiert, ob der Gießen-Pass auch auf den Landkreis ausgeweitet werden soll.