Teddyklinik in Gießen: Bär Karlo offenbart sein Innenleben

Der Notaufnahme eines Krankenhauses seinen Schrecken zu nehmen ist das Ziel der Studierenden, die derzeit neben dem Zeughaus die »Teddyklinik« aufgebaut haben. Drei Tage lang stellen dort Kinder ihre kranken Kuscheltiere vor. Sie werden geimpft, geröntgt, operiert und schließlich als geheilt entlassen.
Mias Teddy hat nicht nur Bauchschmerzen, sondern sein Herz schlägt komisch. Mit Unterstützung von Doc Philipp legt sie das Stethoskop an und hört genau hin. »Irgend etwas stimmt da nicht!«, sagt sie. Um zu schauen, wo das Herz überhaupt genau liegt, schauen die Kinder sich Karlo an. Der Bauch des Teddybären lässt sich mit einem Reißverschluss öffnen, in seinem Inneren verbergen sich außer dem Herzen die Lunge, der Magen und der Darm. »Cool«, findet Emil.
Aufklärung für den »Ernstfall«
Für die Kitakinder, die überall fleißig mithelfen dürfen, ist der Ausflug in die Teddyklinik ein spannendes Abenteuer. Sie legen Verbände an und operieren sogar. Gemeinsam mit ihren Erzieherinnen durchlaufen sie alle Stationen von der Patientenaufnahme bis zur Entlassung - fast so wie in der »richtigen« Notaufnahme. Wenn sie dann selbst einmal mit Bauchschmerzen, einem gebrochenen Arm oder einer blutenden Wunde ins Krankenhaus müssen, kennen sie die Abläufe und wissen, dass sie sich vor den Ärzten in den weißen Kitteln und den Geräten nicht zu fürchten brauchen. Die Teddyklinik ist eine Aufklärung für den »Ernstfall«. Auch ein Notarztwagen steht zur Erkundung bereit.
Seit 16 Jahren tragen Studierende aus den Bereichen Human-, Zahn- und Veterinärmedizin auf diese Weise zur Gesundheitsbildung und Prophylaxe bei. Das Organisationsteam besteht aus rund 15 jungen Leuten, insgesamt sind an den drei Tagen fast 80 Ehrenamtliche im Einsatz.
In den beiden vergangenen Jahren blieb die Teddyklinik wegen der Pandemie geschlossen. Umso größer ist nun die Freude bei allen Beteiligten, dass die Kuscheltiere jetzt wieder auf den OP-Tisch dürfen. Ergänzt werden die Angebote in Zeiten von Corona um eine Impfstation. »Das ist wichtig, damit wir alle gesund bleiben«, erklärt die fünfjährige Clara. Sie lässt vorsorglich ihr Einhorn impfen, zum Glück spürt das Tier den Piks kaum. »Es war nicht schlimm, Lilli musste nicht einmal weinen«, sagt das Mädchen.
Unterstützung bekommen die Docs der Teddyklinik seit Jahren von Makerspace Gießen, einer offenen Werkstatt, bei der der Fokus auf digitalen Technologien liegt. Karlos Organe sind kürzlich im 3-D-Drucker entstanden, und auch das Röntgengerät und neuerdings ein Elektrokardiogramm wurde von den Makerspace-Tüftlern hergestellt. Das EKG reagierte bei der Premiere zwar nicht auf jedes Teddyherz, das war jedoch nicht weiter schlimm, da die Docs alternative Untersuchungsmethoden parat hatten.
Nicht nur die Kinder profitieren von der Teddyklinik, sondern auch die Doktoren. Da für die angehenden Mediziner und Medizinerinnen der Umgang mit Kindergarten- und Grundschulkindern Neuland ist, nutzen sie die Gelegenheit, sich auf diese Altersgruppen einzustellen. »Es ist ein perfektes Übungsfeld, und Spaß macht es auch noch«, sagt Doc Isabelle.
Mias Teddy hat alle Untersuchungen gut überstanden, sein EKG war unauffällig. Ursache für die Bauchschmerzen war vermutlich ein Knopf, den der Bär geschluckt hat. Dieser wurde operativ entfernt. Mit einem Verband, ein paar Tabletten und einer Süßigkeit werden Patient und Bärenmutter nach Hause entlassen.