Supermarkt-Mitarbeiter in Gießen sind besorgt

Für die Supermärkte in Gießen ist das Corona-Virus eine große Herausforderung. Die Mitarbeiter gehen an ihre Belastungsgrenze. Gleichzeitig haben sie Sorge, sich anzustecken.
Bruno Krenschker ist ein Mann mit festem Händedruck. Seit einigen Tagen verzichtet der Supermarktleiter jedoch darauf. »Lieber so«, sagt er und stößt zur Begrüßung mit dem Ellenbogen an. An diesem Morgen ist Krenschker nicht der einzige, der im Edeka in der Frankfurter Straße auf Nummer sicher geht. An der Kasse steht eine junge Frau mit Mundschutz, ein paar Gänge weiter greift eine Kundin mit Latexhandschuhen nach Toilettenpapier. »Verrückte Zeiten«, sagt Krenschker.
Seit dem Wochenende befindet sich der Edeka-Markt im Ausnahmezustand. Die Mitarbeiter kommen mit dem Befüllen der Regale kaum nach. »Jetzt legen sich auch die Menschen Vorräte an, die anfangs dachten, es wird schon nicht so schlimm«, sagt Krenschker. Derzeit würden täglich über 2500 Menschen in die überschaubare Filiale kommen. Das sind 25 Prozent mehr als sonst.
Die Kasse als Gesundheitsrisiko
Das sorge zumindest kurzfristig für Engpässe. »Die Leute kaufen vor allem Nudeln, Langzeitkonserven und Fertigprodukte. Am meisten aber Toilettenpapier.« Da die Industrie vom Corona-Virus ebenfalls überrollt worden sei, kämen die Anlieferungen momentan nicht mehr ganz so regelmäßig. »Trotzdem«, versichert Krenschker, »sind die Regale stets schnell wieder voll.« Einigen Kunden geht das aber offenbar nicht schnell genug.
Elke Höfeld arbeitet schon seit 20 Jahren im Edeka. »So etwas habe ich aber noch nie erlebt.« Die meisten Kunden würden zwar verständnisvoll auf die zwischenzeitlichen Engpässe und längeren Schlangen reagieren, einige würden ihrem Ärger aber auch Luft machen. Krenschker kann darüber nur den Kopf schütteln, zumal die Mitarbeiter ohnehin schon an ihrer Belastungsgrenze seien. »Viele arbeiten länger und bringen 110 Prozent. Nur dank unserer Mitarbeiter können wir das stemmen. Ohne sie hätten wir keine Chance.«
Einige Kunden verärgert
Der Chef weiß aber auch, dass die Belegschaft mit ihrem Einsatz ein Risiko eingeht. Schließlich begegnen die Männer und Frauen jeden Tag unzähligen Kunden, und das ohne größeren Sicherheitsabstand. »Sie machen sich daher natürlich Sorgen«, sagt der Marktleiter und betont, dass an jeder Kasse Desinfektionsmittel bereitstehe. Mitarbeiterin Höfeld nickt zustimmend. »Wir waschen uns so oft es geht die Hände. Wir sind gefährdet.« Trotz des Risikos habe sich bisher niemand abgemeldet, sagt Krenschker. In der Lollarer Filiale hätte das Team sogar eine Kinderbetreuung im Schulungsraum eingerichtet, damit die Mütter trotzdem arbeiten können. Und auch den Kunden ist bewusst, dass die Kasse ein Gesundheitsrisiko birgt. Sowohl für die Verkäufer als auch für sich. Sie tragen daher nicht nur Mundschutz und Handschuhe, sie meiden auch den Griff zum Bargeld. »Inzwischen zahlen rund 70 Prozent unserer Kunden mit Karte. Sonst sind es zwischen 30 und 40 Prozent«, sagt Krenschker. In Zeiten von Corona bekommt »sicheres« bargeldloses Zahlen also eine ganz neue Bedeutung.