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»Streitschlichter« in Schulen

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Ein Gespräch mit den Schulmediatoren kann helfen, Konflikte zu lösen. © Red

Kümmernisse aller Art gehören auch für Schüler zum Alltag. Ausgrenzung, Mobbing oder Probleme zu Hause führen dazu, dass sie dem Unterricht nicht konzentriert folgen können. In solchen Situationen hat sich Hilfe von außen bewährt. Durch die Ehrenamtlichen des Vereins Senior Partner in School zum Beispiel, die als Schulmediatoren tätig sind.

Paul (12) geht wieder gerne in die Schule. Das war vor kurzem nicht so. Elfriede (71) und Hannes (67) arbeiten ehrenamtlich vier Stunden pro Woche als Mediatoren in der Schule. Sie lernten Paul kennen, als er mit zwei gleichaltrigen Jungen zu ihnen in die Sprechstunde kam. Paul hatte in einem Wutanfall die beiden anderen in der Pause getreten, sie mit Fäusten geboxt. Ein Lehrer hatte die Streitenden getrennt und ihnen nahegelegt, zu den »Streitschlichtern« zu gehen.

Während des Gesprächs stellte sich heraus, dass die drei lange Zeit hindurch gute Freunde waren. Die beiden mochten allerdings die immer wieder auftretenden Wutanfälle von Paul nicht ertragen und hatten ihn deswegen ausgeschlossen. Paul berichtete mit Tränen in den Augen, das habe ihn sehr traurig gemacht. Aber er sei auch sehr wütend geworden und hätte gar keine Lust mehr gehabt, in die Schule zu gehen. Auf Nachfragen sagt er, sein größter Wunsch sei es, wieder von den anderen akzeptiert zu werden. Mit diesem Wunsch konfrontiert sind alle bereit, darüber nachzudenken, was sich verändern muss, damit sie wieder gut miteinander auskommen.

Sie überlegen gemeinsam, wie Paul seine Emotionen besser kontrollieren kann und welche Bedingungen erfüllt sein müssen, sodass sie wieder gute Freunde werden. Elfriede und Hannes halten das Ergebnis schriftlich fest, sprechen ab, welches Verhalten in den nächsten Tagen erprobt werden soll und verabreden einen Termin für die Rückmeldung und für mögliche weitere Gespräche.

Ehrenamtliche suchen Verstärkung

Dieses Fallbeispiel aus der Arbeit der Schulmediatoren veranschautlicht, worum es bei den Einsätzen geht. Schulmediatoren von »Senior Partner in School« (SiS) bieten seit 2008 regelmäßig an Gießener Schulen Sprechstunden für die Schüler und Schülerinnen an. Die Kinder kommen mit ihren Konflikten oder persönlichen Sorgen. Die Themen, die den Schulmediatoren mit den Schülern begegnen, sind vielfältig wie der Kinderalltag: Ausgrenzung, Rangeleien, die Frage, ob man Spinnen töten darf, oder Kummer über einen persönlichen Verlust eines lieben Menschen.

Die Schulmediatoren in Gießen suchen nun Verstärkung. Interessant ist das Ehrenamt für Menschen, die sich auf den Berufsausstieg vorbereiten und eine sinnvolle ehrenamtliche Aktivität außerhalb ihres beruflichen Umfelds suchen. Empathie und ein guter Draht zu Kindern und Jugendlichen sind zudem wichtige Voraussetzungen. Wer sich für den »Job nach dem Job« interessiert, kann sich bei den Online-Infoveranstaltungen informieren.

Kinder müssen sich in der Bewältigung von Problemen und Konflikten erst noch üben. Genau wie Erwachsene reagieren sie gestresst und überfordert. Sie nehmen Kritik persönlich oder fressen Kummer in sich hinein, werden aggressiv oder traurig. Im Unterricht können sie dann nur schwer folgen. Nicht mit allen Sorgen können sie zu Eltern oder Lehrern gehen. Manchmal braucht es Unbeteiligte, die weder zur Schule noch zur Familie gehören.

Die Schulmediatoren sind neutral, haben Zeit, hören zu und leiten die Kinder an, ihre Konflikte und Probleme eigenständig zu lösen. Die SiS-Teams arbeiten zu zweit, sie sind immer am selben Wochentag in einem Raum anzutreffen, den die Schule zur Verfügung stellt. Was dort mit den Kindern besprochen wird, ist vertraulich.

Die ehrenamtlichen Senior Partner werden auf ihre Aufgabe gut vorbereitet. In einem zehntägigen kostenfreien Grundkurs lernen sie, mit Hilfe der Mediation die Kinder anzuleiten und eine einvernehmliche Lösung ihres Konfliktes zu finden. Den persönlichen Problemen der Kinder hören sie zu und unterstützen sie dabei, einen eigenen Lösungsweg zu finden. Im Kurs werden die vermittelten Arbeitsmethoden durch Rollenspiele und Übungen trainiert und vertieft.

Ein wesentlicher Baustein des Kurses ist die achtsame Kommunikation, auch bekannt als »Gewaltfreie Kommunikation«. Der Kursleiter ist zugelassener SiS-Trainer und erfahren in der Vermittlung von Lerninhalten an Senioren. Der Zeitbedarf für dieses Ehrenamt beträgt etwa vier Stunden pro Woche regelmäßig an einem festen Wochentag.

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