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Neuer Name auf Klingelschild: Streit um Wohnung in Gießen eskaliert - Polizei rückt an

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Von: Kays Al-Khanak

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Die Polizei wird zu dem Streit vor dem Mehrfamlienhaus am Nahrungsberg dazugerufen. © Kays Al-Khanak

Der Streit um Umbauten in einer Wohnung am Nahrungsberg in Gießen durch den Vermieter eskaliert. Am Freitag muss schließlich die Polizei kommen.

Gießen - Der seit über einem Jahr schwelende Streit zwischen einer Mieterin und ihren Vermietern um eine umgebaute Wohnung in einem Mehrfamilienhaus am Nahrungsberg ist eskaliert. Das Amtsgericht Gießen hatte in einem Urteil im November der Klage von Maria Kleist (Name von der Redaktion geändert) vollumfänglich stattgegeben, nach der die Vermieter die von ihnen in Auftrag gegebenen Umbauarbeiten in der Wohnung wieder rückgängig machen müssen.

Wegen der Berufung durch den Anwalt der Immobilienfirma, Harald Scherer, ist das Urteil nicht rechtskräftig. Die Arbeiten gingen weiter - und zwar so weit, dass zwischenzeitlich auf dem Klingelschild von Kleist an Haus- und Eingangstür ein anderer Name angebracht worden war. Am gestrigen Freitag rief der Streit die Polizei auf den Plan.

Wohnung in Gießen: Urteil aus November nicht rechtskräftig

Als das Amtsgericht im November in ihrem Sinne entschieden hatte, sprach Kleist von einem »Etappensieg«, denn sie traute dem Braten nicht. Die Mutter einer Tochter im Teenageralter hatte im August 2021 den Rückbau von Umbauarbeiten an ihrer Wohnung gefordert. Früher, hatte sie im April im Rahmen des Gerichtsverfahrens gesagt, sei sie Eigentümerin dieser Wohnung gewesen, habe diese aber wie alle anderen im Haus ans Immobilienunternehmen aus Gießen verkauft - unter der Bedingung, dort wohnen bleiben zu dürfen. 2020 habe das Unternehmen Sanierungsarbeiten angekündigt. Die Heizung sollte ersetzt werden. Für eine Zeit von wenigen Monaten sollte Kleist als Übergangslösung in ein Studentenhaus an der Schanzenstraße ziehen. Dort wohnt sie noch heute.

Als sie ihre alte Wohnung während der Arbeiten besichtigt hatte, sei ihr aufgefallen, dass die Wohnung nicht saniert, sondern komplett umgebaut worden sei: Es gibt nun eine zweite Eingangstür, ein weiteres Bad sowie Anschlüsse in ihrem Wohnzimmer für eine zweite Küche. Alle Durchgangstüren und eine Flügeltür seien verschlossen worden, damit nur noch einzelne Zimmer existieren. Klärungsversuche mit den Vermietern seien gescheitert, weil niemand zu einem Gespräch bereit gewesen sei, sagte Kleist.

„Wir haben das Haus gekauft, um es zu vermieten, wie wir uns das wünschen“

Die Gegenseite machte geltend, dass alle Sanierungsarbeiten mit der Mieterin »glasklar besprochen worden« seien, wie ein Geschäftsführer der Immobilienfirma vor Gericht sagte. Diese Gespräche, musste er auf Nachfrage des Richters einräumen, habe nicht er geführt, sondern eine Immobilienmaklerin. Diese soll der Aussage des Mannes am zweiten Verhandlungstag widersprochen haben.

Der Geschäftsführer hatte zudem betont: »Wir haben das Haus gekauft, um es zu vermieten, wie wir uns das wünschen.« In diesem Sinne hätten die Sanierungsarbeiten stattgefunden. Der Architekt hatte im Prozess ergänzt: »Alles wurde so hergerichtet, dass man die Wohnung teilen kann.« Nur: Kleist hat kein Interesse an einer geteilten Wohnung und will im alten Zuschnitt wohnen bleiben.

Ende Februar hatten die Vermieter Kleist außerordentlich und fristlos gekündigt. Dieser Kündigung hatte die Mieterin widersprochen. Am Donnerstag war Kleist schließlich aufgefallen, dass statt ihrem ein anderer Name an den Klingelschildern an Haus- und Eingangstür angebracht waren, obwohl sie weiterhin über einen gültigen Mietvertrag verfügt. Daraufhin hatte sie von einem Schlüsseldienst die Schlösser austauschen lassen. An ihre Wohnungstür hängte sie außerdem einen Zettel, auf dem sie vermerkte, dass sie in der Wohnung wohne und jedes Betreten strafrechtlich verfolgt und zur Anzeige gebracht werde. Mitglieder der Initiative »Stadt für alle«, die Kleist zur Seite stehen, hatten am Freitag vor und in der Wohnung die Stellung gehalten.

Gießen: Neuer Name auf Klingelschildern

Am frühen Freitagvormittag stand Kleist in ihrer leer stehenden Wohnung, die neuen Namensschilder sind dort nicht mehr zu finden, neben ihr drei Mitglieder von »Stadt für alle«. Einer erzählte, er sei morgens vor dem Haus auf die Vermieter getroffen. Anschließend sei er in die Wohnung gegangen und habe sich eingeschlossen. Die Vermieter seien ihm gefolgt und hätten versucht, die Tür zu öffnen - erfolglos. Dann, erzählt er, habe er die Polizei gerufen. Die Beamten verwiesen auf den bestehenden Mietvertrag von Kleist und rückten wieder ab.

Gegenüber dieser Zeitung sagte der Anwalt der Vermieter, dass auch seine Mandanten die Polizei gerufen hätten; die Besitzer der Immobilie waren am Freitag ebenfalls vor Ort, wollten sich aber nicht öffentlich äußern. Auf die Frage, was es mit dem neuen Namen am Klingelschild und den fortgesetzten Umbauarbeiten auf sich hat, obwohl Kleist einen gültigen Mietvertrag besitzt, verwies Scherer auf das laufende Verfahren und das nicht rechtskräftige Urteil. Die Arbeiter jedoch werden nun wohl vorerst einen Bogen um die Wohnung von Kleist machen müssen. (Kays Al-Khanak)

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