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Schwanenteich in Gießen: Die Stimmung bleibt unversöhnlich

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Von: Burkhard Möller

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Eiszeit am Schwanenteich. Das Bild passt zur Stimmung rund um das Thema Bürgerbegehren/Dammsanierung. © Oliver Schepp

Trotz klarem Votum bleibt die Stimmung im Stadtparlament von Gießen unversöhnlich. Am Schwanenteich darf erstmal nicht gerodet werden.

Gießen – Mit breiter Mehrheit hat das Stadtparlament am Donnerstagabend (15. Dezember) dem Bürgerbegehren zum Schwanenteich stattgegeben. Trotz des klaren Votums bleibt die Stimmung unversöhnlich. Zufrieden mit der „Lösung“ ist eigentlich nur die Bürgerinitiative.

Thomas Röhmel hätte sich am Donnerstagabend einen gemütlicheren Platz im Sitzungssaal des Stadtparlaments suchen können. Der Leiter des städtischen Gartenamts indes hatte sich in die Höhle des Löwen begeben und verfolgte die Debatte über das Bürgerbegehren zum Schwanenteich stehend von der Zuschauertribüne aus, wo etliche Mitglieder der Bürgerinitiative „Rettet die Bäume am Schwanenteich“ saßen. Dort bekam er einiges an Unmutsbekundungen zu hören.

In Gießen ist von dem Angebot zur Zusammenarbeit nichts mehr zu spüren

Vom Angebot für eine Zusammenarbeit, das Klaus Hass, Vertrauensmann des Bürgerbegehrens zum Dammweg am Schwanenteich, dem Magistrat vor Eintritt in die Tagesordnung vom Rednerpult aus unterbreitet hatte, war zu diesem Zeitpunkt nichts mehr zu spüren. Am Ende der auch unter den Fraktionen teilweise scharf geführten Debatte war die Stimmung wieder so unversöhnlich wie in den letzten Monaten. Der mit den Stimmen der Koalition aus Grünen, SPD und Gießener Linke sowie der CDU, von Gigg/Volt, FDP und Freien Wählern bei Gegenstimmen von der AfD, der PARTEI und der fraktionslosen Stadtverordneten Martina Lennartz herbeigeführte Beschluss, wonach bis Mitte Dezember 2025 am Schwanenteich-Damm keine Rodung stattfinden darf, konnte darüber nicht hinwegtäuschen.

Stadtverordnetenvorsteher Joachim Grußdorf (Grüne) musste Zwischenrufe von der Zuschauertribüne aus unterbinden, unten im Saal gab es gegenseitige Vorwürfe, gelogen zu haben, im Regierungslager sorgte Gigg/Volt-Fraktionschef Lutz Hiestermann mit einem „Vom-Hörensagen“-Vorwurf gegen Stadträtin Gerda Weigel-Greilich (Grüne) für helle Empörung.

Gießen: Die Bürgerinitiative zeigt sich zufrieden

Zufrieden mit der langen Denkpause am Schwanenteich war eigentlich nur die Bürgerinitiative, kurz BI. Vertrauensmann Hass zeigte sich »erfreut«, dass die Stadtverordnetenversammlung mit der Erfüllung des Bürgerbegehrens ihren eigenen Mehrheitsbeschluss vom 6. Oktober, dessen Umsetzung eine Dammsanierung mit halbseitiger Rodung bedeutet hätte, zurückgenommen habe. Hass forderte eine „umfassende Neubewertung der wasserbaulichen Maßnahmen“ und schlug vor, dass Stadt und BI eine gemeinsame Arbeitsgruppe ins Leben rufen. Eine fruchtbare Zusammenarbeit ist angesichts des Dauerkonflikts, den die Wortführer der BI und das Gartenamt seit nunmehr zehn Jahren über den Schwanenteich-Umbau austragen, allerdings kaum vorstellbar.

Vom Magistrat und aus den Koalitionsfraktionen wurde der BI für die Sammlung von über 6000 Unterschriften, darunter rund 5000 als gültig anerkannte von wahlberechtigten Gießenern, zwar einerseits Respekt gezollt, andererseits bezeichnete Oberbürgermeister Frank-Tilo Becher das Bürgerbegehren als „Zuspitzung“, die eine Lösung des Problems mit dem beschädigten Dammweg verhindert habe. „Wir haben den Ausweg nicht gefunden“, sagte Becher. Der SPD-Rathauschef hatte im Vorfeld der besagten Oktober-Sitzung den Kompromiss mit der Dammsanierung bei Erhalt der Bäume auf einer Seite des Wegs herbeigeführt.

Schwanenteich in Gießen: Mehrere Varianten standen im Raum

Becher und die fürs Gartenamt zuständige Stadträtin Weigel-Greilich nahmen das Gartenamt gegen Vorwürfe in Schutz, Bäume leichtfertig zu fällen. „Daran hat niemand ein Interesse“, betonte Becher. Weigel-Greilich sprach von einem „Dilemma“, vor das der Magistrat durch das Bürgerbegehren gestellt worden sei. Hätte der Magistrat die Streitfrage in einem Bürgerentscheid klären lassen, hätte das bei einem Abstimmungserfolg der BI zur Situation führen können, dass sich die Stadt zu einer Dammsanierung hätte gezwungen gesehen, die nach Überzeugung aller Experten technisch nicht durchführbar sei. Auch die vom früheren Gail-Chef Horst Dreier vorgeschlagenen Varianten, die einen vollständigen Baumerhalt vorsehen, hätten sich so nicht umsetzen lassen. erklärte die Dezernentin und verwies auf entsprechende Bewertungen des Ingenieurbüros Flocksmühle.

Zuvor hatte Gigg/Volt-Fraktionschef Hiestermann die Grünen-Stadträtin für das „Fiasko“ verantwortlich gemacht. „Die Ursache sitzt dort“, rief er und zeigte auf die Magistratsbank. Weigel-Greilich habe von Anfang nur auf die Variante mit einem Komplettaustausch des Damms samt Rodung gesetzt, „unterirdisch“ kommuniziert und die „dilettantische“ Abfischaktion zu verantworten.

Gießen: Grüne macht Volt und Bürgerinitiative für „verfahrene Situation“ verantwortlich

Fabian Mirold-Stroh (Grüne) wiederum griff Gigg/Volt und die BI an. Diese hätten Expertenmeinungen ignoriert und trügen damit Verantwortung für die „verfahrene Situation“. Die wird nach Einschätzung von Mirold-Stroh dazu führen, dass der Weg trotz der durchzuführenden „Reparaturen“ aus Sicherheitsgründen womöglich sogar ganz gesperrt werden muss. „Ich glaube nicht, dass das im Sinne der Leute ist, die das Bürgerbegehren unterschrieben haben“, sagte Mirold-Stroh.

Ähnlich äußerte sich Heiner Geißler. „Was jetzt passiert, wird keinen einzigen Baum retten“, sagte der Fraktionschef der Freien Wähler. Viele der Unterstützer des Bürgerbegehrens hätten die Komplexität des Problems nicht verstanden bzw. sei sie ihnen nicht vermittelt worden. Geißler: „Den Leuten wurde gesagt, dass sie Baumfällungen verhindern können. Wer unterschreibt da nicht?“

Das Abfischen mit nachfolgender Trockenlegung des Teichs soll trotz der Vertagung der Dammsanierung im Januar oder Februar fortgesetzt werden. Eine sogenannte Sömmerung/Winterung sei so oder so notwendig, sagte Weigel-Greilich. (Burkhard Möller)

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