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Stadt hakt Wohngebiet ab

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Von: Burkhard Möller

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Die Wiesenfläche »In der Roos« in Rödgen bleibt unbebaut. © Manfred Henss

Gießen (mö). Zwei Monate nach der Entscheidung des Hessischen Verwaltungsgerichtshof (VGH) in Kassel, die Gießener Wohngebietsplanung »In der Roos« im Stadtteil Rödgen für rechtswidrig zu erklären, ist klar: Die Stadt hat diese Planung abgehakt und darauf verzichtet, Rechtsmittel gegen den Beschluss des höchsten hessischen Verwaltungsgerichts einzulegen.

»Wir haben - insbesondere wegen der hohen juristischen Hürden bei einer Nichtzulassungs-Beschwerde - von weiteren Schritten abgesehen und die Planunwirksamkeit amtlich bekanntgemacht«, sagte Stadtsprechrin Claudia Boje am Mittwoch der GAZ, nachdem die Bekanntmachung am Samstag in den Gießener Tageszeitungen veröffentlicht worden war.

Anderes Gebiet nicht in Sicht

Das Urteil im vollständigen Wortlaut sei der Stadt Ende November zugestellt worden, sodass die Rechtsmittelfrist einen Monat später an Heiligabend abgelaufen sei.

Wie berichtet, hatte der VGH eine direkte Revision verworfen. Deren Zulassung hätte die Stadt beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig beantragen müssen. Darauf wurde verzichtet.

Einen weiteren Anlauf, um die Wiese in der Rödgener Ortslage »Roos«, wo um die 30 Bauplätze hätten bebaut werden können, als Wohngebiet zu nutzen, wird es nicht geben. Alternativflächen sieht der Magistrat im Moment nicht. »Die mittel- bis langfristige Siedlungsentwicklung im Stadtteil Rödgen wird aufgrund der zunehmenden ökologischen und artenschutzrechtlichen Einschränkungen immer schwieriger«, erklärte Boje. Vordringlich sei es, nach allen entsprechenden gesetzlichen Grundlagen die Innenentwicklung vor einer weiteren Außenentwicklung zu betreiben. Dies sei auch in den letzten 15 Jahren in Gießen »sehr stark umgesetzt worden und hatte auch für die Innenentwicklungsfläche in Rödgen Priorität«, fügte Boje hinzu.

Derzeit bestehe für keine weitere geplante Wohnbaufläche im Stadtteil Planungsrecht. Es sei auch nicht kurzfristig herstellbar. Vor neuen Siedlungsflächenerweiterungsplanungen seien umfangreiche ökologische und Artenschutzuntersuchungen erforderlich. Zudem wird eine vergleichende Alternativenprüfung zur Festlegung des ökologisch unsensibelsten Bereiches durchgeführt werden müssen. Aufgrund der derzeitigen Zurückhaltung vieler Wohnungsbauinteressierten und den schwierigen Rahmenbedingungen besteht hier aus Sicht des Magistrats »aber kein akuter Umsetzungsdruck«.

Das kleine Baugebiet im Innenbereich von Rödgen war schon vor vielen Jahren ins Auge gefasst worden. Im Ortsbeirat war damals immer wieder die Befürchtung geäußert worden, der Stadtteil, der Bankfilialen und ein Lebensmittellädchen verloren hatte, »blutet aus«, wenn jungen Rödgener Familien kein Angebot gemacht werde, im Heimatdorf zu bauen. Kita und Grundschule indes sind seit geraumer Zeit gut ausgelastet; Existenzfragen stellen sich diesbezüglich nicht. Zur Stabilität des Grundschul-Standorts trägt bei, dass die kinderreiche Marshallsiedlung dem Rödgener Grundschulbezirk zugeschlagen wurde.

Victor befürchtet »Stillstand«

Ortsvorsteherin Elke Victor (Freie Wähler) indes befürchtet nach dem Aus für die Planung »In der Roos« eine Fortsetzung des »jahrzehntelangen Stillstands«. Eine weitere Abwanderung von Familien und Abbau der dörflichen Infrastruktur seien zu erwarten, erklärte Victor in der Dezember-Ausgabe des Rödgener »Blättchens« »Räärer«, das die Freien Wähler herausgeben. Als einzig verbliebene Fläche sieht Victor ein Gebiet westlich des Ruhbankwegs, das im Regionalplan verankert sei. Bislang indes sei nicht erkennbar, dass der Magistrat vom Prinzip Innen- geht vor Außenentwicklung abweichen werde.

Geklagt gegen den Bebauungsplan »In der Roos« hatte Ortslandwirt Konstantin Becker, unter anderem wegen des Umgangs der Stadt mit einer Population des geschützten Schmetterlings Ameisenbläuling, der auf eine Fläche westlich der Ortslage umgesiedelt wurde. Unter anderem darin sah der VGH einen Verstoß gegen Rechtsnormen und gab Beckers Klage statt.

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