1. Gießener Allgemeine
  2. Gießen

Spuren auch am Hardthof hinterlassen

Erstellt: Aktualisiert:

Von: Dagmar Klein

Kommentare

NeleimAtelier_220622_4c
Nele in ihrem Atelier in Frankfurt. © Dagmar Klein

Gießen (dkl). E. R. Nele zählt zu den wenigen Bildhauerinnen in Deutschland, die seit der Nachkriegszeit ununterbrochen tätig sind. Kürzlich feierte sie ihren 90. Geburtstag, die Galerie Netuschil in Darmstadt erinnert mit einer Retrospektive an sie und ihr Werk. Nele, so ihr Rufname, ist immer noch aktiv, sprüht vor Lebenslust wie das Foto aus ihrem Atelier belegt.

Hier soll daran erinnert werden, dass sie auch in Gießen ausstellte und an der hiesigen Universität lehrte. Einige erinnern sich gut daran - vor allem die langjährige Hardthof-Bewohnerin Adelheid Sievert.

Anfang Dezember 1989 wurde in der Galerie im Unteren Hardthof eine Ausstellung mit der Bildhauerin E. R. Nele und der Malerin Renate Sautermeister eröffnet. Sie waren über den Kontakt zum Anabas-Verlag gekommen, der damals noch auf dem Hardthof residierte, unter Leitung von Günter Kämpf und Kunstpädagogin Helga Kämpf-Jansen. Die beiden Künstlerinnen hatten Buchumschläge für den Verlag gestaltet. Von der Ausstellung existiert noch der Einladungsflyer, den Sievert aufbewahrt hat. Ein schlichtes DIN-A4-Blatt in Schwarz-weiß, mit einem recht dunklen Foto. Schließlich stammt es aus der Zeit vor der Digitalisierung.

Eva Renée »Nele« Bode ist die Tochter des documenta-Gründers Prof. Arnold Bode. Was bedeutet, dass sie sich in Kassel in Künstlerkreisen bewegte. Sie studierte Kunst in Berlin, London und Paris. Seit 1965 lebt sie in Frankfurt am Main. Zu den Studierenden von Arnold Bode gehörte auch Sepp Thiele (gest. 2021), Professor am Institut für Kunstpädagogik (IfK) der Universität Gießen. Daran erinnert sich Gerd Steinmüller, Kunsthistoriker am IfK, der mit Thiele auch nach dessen Pensionierung befreundet blieb.

Sepp Thiele kannte Nele aus seiner Studienzeit und holte sie für Lehraufträge nach Gießen. Weitere Lehraufträge folgten an der Frankfurter Universität, denn Adelheid Sievert war mittlerweile als Professorin für Didaktik der Kunst dorthin gewechselt. »Aber in Gießen gab es damals eine voll eingerichtete Metallwerkstatt, was wir in Frankfurt nicht hatten«, erzählt sie, »Von daher arbeitete Nele zeitweise mehr in Gießen als in Frankfurt.«

Ausstellungen mit den Studierenden erfolgten an beiden Orten, in Gießen in der Galerie am Unteren Hardthof. Eine der damaligen Studentinnen war Gabriele Hüllstrunk, die mittlerweile selbst als Lehrerin am LLG arbeitet und mit halber Stelle ans IfK delegiert ist, wo sie Kunst-Kooperations-Projekte durchzieht.

»Ich erinnere mich an Nele als eine sehr temperamentvolle und humorvolle Dozentin. Ihre klaren Rückmeldungen zu gestalterischen Problemen wie Konstruktion und Materialverarbeitung während der Werkbesprechungen hinterließen immer starke Spuren, mit denen ich mich auseinandersetzen musste. Dabei ging es immer um grundlegende Gestaltungsaspekte einer Plastik, auf die sie hinwies und die eine vertiefte Auseinandersetzung forderten.« Das Besondere sei gewesen, dass sich Nele immer auch als Person einbrachte. »Ich habe sie erlebt als unendlich lebendige, inspirierende und freundliche Dozentin, die Mut gemacht hat, dem widerständigen Material Metall mit Leichtigkeit und Virtuosität begegnen zu können. Dabei war sie als Lehrerin bestimmend, in ihrer Kritik immer klar und konstruktiv, nicht wertend. Das Lernen bei ihr hatte einen hohen Motivationsgrad.«

Warum kein Werk für den Kunstweg?

Auf dem Hintergrund der aktuellen Diskussionen um den Kunstweg am Philosophikum, - ausschließlich Kunst von Männern - ist zu bedauern, dass die Gelegenheit nicht ergriffen wurde, auch Nele um einen Beitrag zu bitten.

Auch interessant

Kommentare