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Gießener solidarisieren sich mit Protesten im Iran

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Von: Kays Al-Khanak

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250 Menschen erklärten am Freitag in Gießen auf einer Kundgebung ihre Solidarität mit den Protesten im Iran. Eine Frau ließ sich als Zeichen der Solidarität vor dem Rathaus ihre Haare abrasieren.

Gießen - In Iran hat der Tod einer 22 Jahren alten Frau vor fast drei Wochen zu landesweiten Protesten geführt. In Gießen haben am Freitagnachmittag über 250 Teilnehmende einer Kundgebung der iranischen Gemeinde ihre Solidarität mit diesen Demonstranten erklärt. Genauso wie Frauen in Iran das Kopftuch abnehmen oder sich ihre Haare kurz abrasieren, ließ sich eine Frau vor dem Rathaus am Berliner Platz einen Teil ihrer Haare abschneiden - als Symbol für den Kampf um Selbstbestimmung und Freiheit in ihrer Heimat.

Am Freitag war an der Wand des Rathauses ein Bild von Mahsa Amini angebracht worden. Die kurdische Iranerin war am 13. September von der sogenannten Sittenpolizei in Teheran festgenommen worden, weil sie ihr Kopftuch nicht richtig getragen haben soll. Wenige Stunden später war sie tot. Offiziell hieß es, Grund sei ein Herzinfarkt gewesen. Doch Augenzeugen berichteten, dass Polizisten die junge Frau mehrfach gegen den Kopf geschlagen hätten.

Solidarität mit Protesten im Islam: auch kurdische Banner auf Kundgebung in Gießen

Seitdem gibt es in großen und kleinen Städten im Land Proteste. An deren Spitze stehen Frauen, aber auch Männer, die sich vom Mullah-Regime nicht mehr vorschreiben lassen wollen, wie sie zu leben haben. Die Rednerinnen aus der iranischen Gemeinschaft in Gießen sprachen über diesen Kampf der Frauen, aber auch über die desolate wirtschaftliche Lage in dem Land.

Immer wieder riefen die Teilnehmenden der Kundgebung den Slogan »Jin Jiyan Azadi«; das ist Kurdisch und bedeutet »Frau, Leben, Freiheit«. Es gab Plakate mit Aufschriften wie »Demokratie und Freiheit für Iran«, »Nieder mit der Despotie« oder »Frauenrechte sind Menschenrechte«. Neben der alten iranischen Staatsfahne wehten auch kurdische Banner auf dem Berliner Platz.

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Zahlreiche Menschen fordern vor dem Rathaus am Berliner Platz Freiheit für Iran. © Kays Al-Khanak

Gießener Oberbürgermeister: „Ihr seid nicht vergessen, Ihr werdet gesehen“

Oberbürgermeister Frank-Tilo Becher sagte: »Wir teilen das weltweite Entsetzen über die Ereignisse in Iran auch in Gießen und stehen Ihnen bei.« Er gedachte der Opfer eines »selbst ernannten Gottesstaates«, der sich »gegen das eigene Volk richtet«. Die Regierung sei nicht für die Menschen und deren Probleme da, finanziere stattdessen weltweit Terror. Der Bevölkerung lasse sie keine Luft zum Atmen. »Ihr seid nicht vergessen, Ihr werdet gesehen«, rief Becher. Und: »Ich hoffe, dass die Proteste Wirkung entfalten und Ayatollah Ali Chamenei und Präsident Ebrahim Raisi abdanken müssen.«

Die SPD-Landtagsabgeordnete Nina Heidt-Sommer brachte ihre Bewunderung für den Mut der Männer und Frauen zum Ausdruck, die aktuell in Iran demonstrieren. »Ich riskiere hier mit meiner Rede nichts. Die Menschen in Iran riskieren alles, auch dass sie gefoltert und getötet werden.« Sie forderte einen Abschiebestopp für Iraner und schnelle Sanktionen gegen das Regime. Nach den Redebeiträgen gab es eine Schweigeminute; danach legte eine Frau Blumen und einen Kranz nieder. (khn)

In Gießen lebende Exilanten blicken mit Sorge, aber auch mit Hoffnung auf die aktuelle Situation im Iran. Zwei von ihnen sagen: Die Menschen in ihrer Heimat wollen endlich Freiheit - und einen säkularen Staat.

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