»Soldiers of Odin« bei Gießener Gelbwesten
Neue Vorwürfe gegen die Gießener Gelbwesten: In der Gruppe mischt ein Anhänger der rechtsextremen Bürgerwehr »Soldiers of Odin« mit. Bei der Polizei ist er als Gewalttäter bekannt.
Sie betreiben Germanenkult, sympathisieren mit dem Dritten Reich und treten im Stil einer Bürgerwehr auf. In Bayern, wo sie im Februar mit einem Fackelzug zum Nürnberger Reichstagsgelände für Schlagzeilen sorgten, werden sie vom Verfassungsschutz beobachtet und als gewaltaffin eingeschätzt. Die Rede ist von der rechtsextremistischen Gruppierung »Wodans Erben«, die bis letztes Jahr als »Soldiers of Odin« bekannt war. Nicht nur in Bayern sucht diese Bewegung Anschluss an die Bewegung der Gelbwesten. Nach Recherchen der GAZ mischt auch bei den Gießener Gelbwesten ein Anhänger von »Wodans Erben« mit.
Schlagkraftverstärkende Handschuhe bei Demo
Der Mann hatte am vergangenen Samstag an der Demo der Gelbwesten teilgenommen und war im Anschluss am Berliner Platz von der Polizei durchsucht worden. Grund: Die Beamten hatten gesehen, dass der Demo-Teilnehmer schlagkraftverstärkende Quarzsandhandschuhe trug, was bei Demonstrationen verboten ist. Wegen des Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz werde gegen »einen 53-jährigen polizeibekannten Mann aus dem Main-Kinzig-Kreis«, ermittelt, teilte Polizeisprecherin Sabine Richter auf Anfrage mit. Der 53-Jährige sei in der Vergangenheit vor allem durch Körperverletzungsdelikte auffällig geworden, erklärte Richter.
Nach Recherchen der Gießener Allgemeinen nimmt der Mann an Aktionen von »Wodans Erben« teil. Vor einem Jahr – das geht aus der Facebookseite von »Wodans Erben« hervor – war er an einer Bestreifung der Marburger Innenstadt beteiligt; auf mehreren Gruppenfotos ist der 53-Jährige zu sehen. Die Teilnehmer des Rundgangs tragen Jacken mit der Aufschrift »Soldiers of Odin Germany« und Aufnäher »Division Hessen«.
Gelbwesten-Admin bei Schießübung
Bei den Gießener Gelbwesten ist der Mann aus dem Main-Kinzig-Kreis keinesfalls nur Mitläufer. Er fungierte zu Wochenbeginn kurzzeitig als Moderator der mittlerweile geschlossenen Facebook-Gruppe. Auch ein Administrator dieser Gruppe soll sich in rechtsextremistischen Kreisen in der Wetterau tummeln; auf seiner Facebookseite zeigt er sich unter anderem mit einer Pistole bei einer Schießübung in einem Hinterhof.
Das alles steht im Widerspruch zu den Bekundungen von Ronny Böhm, dem Initiator der Gießener Gelbwesten, der sich in einer Erklärung, die er zu Wochenbeginn auf seiner privaten Facebookseite veröffentlicht hat, von Gewalt distanziert hatte. Böhm beteuerte in dieser – mittlerweile gelöschten – Erklärung erneut, dass ihm nicht bewusst gewesen sei, dass hinter der von ihm zu den Demos eingeladenen Aktion »Schutzzone« die rechtsextreme NPD steht. Seinen Kommentar auf der Facebookseite der »Schutzone« (»gern könnt ihr bei uns samstags mitlaufen«) hat Böhm noch nicht gelöscht.
Großes Polizeiaufgebot erwartet
Wie am vergangenen Samstag, als ihr Marsch zum Elefantenklo im Seltersweg gestoppt wurde, müssen sich die Gelbwesten auch am morgigen Samstag auf Gegenproteste einstellen. Ein Bündnis aus linken Parteien und Gruppen ruft ab 14.30 Uhr zur Gegendemo in der Neuen Bäue auf und will mit bunten Westen »ein Zeichen gegen Rechts« setzen. Denn die Ursprungsidee der französischen Gelbwesten, die sich »klar gegen Sexismus, Rassismus und Homophobie« stellten, werde durch die Teilnahme von Faschisten an den Demos der Gießener Gelbwesten »ad absurdum« geführt, heißt es in dem Aufruf. Böhm hatte angekündigt, dass seine Gruppe auf dem Rathausplatz bleibt und auf einen Marsch durch die Innenstadt verzichtet. Die Polizei wird mit einem im Vergleich zur Vorwoche erhöhten Aufgebot vor Ort sein. Schon am vergangenen Wochenende waren rund 30 Personen der Bereitschaftspolizei anwesend.