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»Sie sind eine Gefahr für die Allgemeinheit«

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Von: Barbara Czernek

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Das Gericht entschied, dass der Messerangreifer in einer psychiatrischen Klinik untergebracht wird. © Red

Gießen (bac). Ein 45-jähriger Algerier muss sich wegen eines Messerangriffs während des Events »Sport in der City« vor der neunten Strafkammer des Gießener Landgerichts verantworten. Dabei sah das Gericht es als erwiesen an, dass dieser Angriff nicht als eine schwere Körperverletzung zu verurteilen sei, da der Beschuldigte zu diesem Zeitpunkt schuldunfähig war.

Das Gericht verfügte daher die Unterbringung des Beschuldigten in einer psychiatrischen Klinik.

Der psychiatrische Gutachter Dr. Jens Ulferts hatte bei dem Angeklagten eine paranoide Schizophrenie diagnostiziert. Daran leidet der Beschuldigte schon seit Jahren, er lebte vor dem Vorfall in Gießen lange Jahre in einer entsprechenden Einrichtung in den Niederlanden, bevor er eigenmächtig die Medikation absetzte und die Niederlande in Richtung Deutschland verließ. Allerdings, so der Gutachter, sähe der Algerier in den Medikamenten die Ursache seiner Krankheit, und nicht umgekehrt. Auch in der jetzigen Unterbringung gestalte sich die regelmäßige Medikamentengabe als äußerst schwierig, sagte der Gutachter. Während des Prozessverlaufs wirkte der Beschuldigte klar, ansprechbar und entschuldigte sich bei seinem Opfer. Einen ganz anderen Eindruck hatte er den Polizeibeamten an jenem Sonntag im März vermittelt, die ihn nach der Tat in Gewahrsam nahmen. Sie berichteten, dass sein Blick leer wie eine Hülle gewesen sei und er dann wiederum plötzlich aggressiv gewesen sei. Zuvor hatte der Mann unvermittelt mit einem 18 Zentimeter langen Küchenmesser auf einen Unbekannten eingestochen und ihn im Nackenbereich getroffen. Nach dem Angriff konnte er von Passenten überwältigt und der Polizei übergeben werden. »Dabei hatte das Opfer noch sehr viel Glück gehabt, dass es dabei zu keinen schwerwiegenderen Verletzungen gekommen ist«, führte der Vorsitzende Richter Dr. Klaus Becker aus.

Aufgrund der psychotischen Grunderkrankung muss die Medikamentengabe laut Gutachter dauerhaft weitergeführt werden - und genau da sah er das größte Problem: Aktuell fehle es dem Algerier an der Einsicht, dass es ihm nur durch die Medikamentengabe besser gehe. Wenn er seine Medizin absetzen würde, sei eine solche oder ähnliche Tat in einem paranoiden Anfall sehr wahrscheinlich. Daher empfahl er die Unterbringung in einer Klinik. Dies wurde so von Staatsanwalt Andreas Fischer beantragt, und dem folgte das Gericht.

Der Verteidiger hatte in seinem Schlussvortrag darauf hingewiesen, dass die Anzahl der Sicherungsverfahren in jüngster Zeit enorm angestiegen sei, und er stellte daher keinen Abschlussantrag. Dem stimmte Bergmann zu, verdeutlichte aber, dass bei dem Angeklagten die Anwendung der entsprechenden Paragrafen zwingend erforderlich sei. »Sie stellen eine Gefahr für die Allgemeinheit dar, und diese muss vor ihnen geschützt werden«, begründete Bergmann die Entscheidung.

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