Shirts aus Gießen helfen Tieren

Kleidung verkaufen und damit bedrohten Arten helfen: Dieses Prinzip steckt hinter dem Gießener Start-up »espero«. Der Gründer Tim Weinel spendet 25 Prozent seiner Erlöse für Schutzprojekte. Das jeweilige Tier prangt als Motiv auf den Klamotten.
Nur ein halbes Jahr haben die beiden Waschbären gelebt. Aber ohne Tim Weinel wäre es für sie viel früher vorbei gewesen. Der heute 33-Jährige nahm die verwaisten Zwerge bei sich auf, fütterte sie nachts mit der Flasche und fuhr wöchentlich mit ihnen in die Gießener Tierklinik. Am Ende war der Wurmbefall zu stark. So erzählt Weinel die Geschichte, die jetzt rund zehn Jahre zurückliegt.
Keine vier Wochen liegt es zurück, dass er das Start-up »espero« auf den Markt gebracht hat. Was die Waschbären-Episode und das Unternehmen verbindet? Irgendwo muss Weinels Engagement für Tiere ja herkommen.
»Ich kann es gar nicht direkt beantworten«, sagt der Gründer, wenn man ihn fragt, wann er die Idee für sein eigenes Modelabel hatte. Der Clou: Von dem Geschäftserlös fließen 25 Prozent in den Schutz bedrohter Tiere. »Wenn schon Konsum, dann verbunden mit etwas Gutem«, findet Weinel. Ob man shoppend gerade Gorillas, Löwen, Nashörnern oder Elefanten hilft, ist dabei stets nachvollziehbar. Denn zu jeder der vier Tierarten existiert eine Kollektion samt passendem Bild auf den T-Shirts und Kapuzenpullis. Hinzu gesellen sich Jogginghosen, Shirts und Hoodies mit »espero«-Schriftzug, die für Opfer von Wilderei sammeln.
Klingt alles schön und gut. Aber bei Spenden zählt doch bekanntlich immer, dass sie zu 100 Prozent ihr Ziel erreichen. Dies stelle das Start-up sicher, indem es mit festen Partnern kooperiere, erklären Weinel und seine Freundin Marleen Geller. »Saving the Survivors« heißt etwa die Nashorn-Initiative. Die geretteten Berggorillas haben ihr Refugium im Virunga-Nationalpark im Nordosten der Demokratischen Republik Kongo. Und bei den Löwen handelt es sich um ehemalige Zirkus-Großkatzen in einer Aufnahmestation. Seit der formalen Gründung Anfang dieses Jahres haben Weinel und Geller nach vertrauenswürdigen, nicht zu großen Partnern gesucht. Das sei bisher »die schwierigste Aufgabe« gewesen, sagen sie.
Weniger Bauchschmerzen bereitete die Bürokratie. Hier profitierte das BWLer-Paar von seinen Fachkenntnissen. Weinel, der hauptberuflich im Segment Nachhaltige Geldanlagen tätig ist, hat außerdem Erfahrung mit der Start-up-Szene. 2013 gründete er eines für Media Design, ferner berät er Jungunternehmer beim Schritt in die Selbstständigkeit.
Schadstofffrei und vegan
Die Gestaltung der Klamotten stemmt er komplett alleine. Getreu der Maxime »weniger ist mehr« zeigen alle Stücke nur Umrisse des jeweiligen Tiers in einem schmalen quadratischen Rahmen. So seien die Produkte »schlichter« gehalten, »nicht so überladen und damit alltagstauglicher«, meint Geller. Der Begriff »Streetwear« treffe dieses Konzept ganz gut.
Die Textilien dafür stammen aus Bangladesch. Sie sind laut Weinel aus Bio-Baumwolle, fair produziert, schadstofffrei und vegan. 34,90 Euro kostet zum Beispiel eines der T-Shirts, 54 Euro ein Pulli. Bloß ein Lager hat »espero« noch nicht. Bislang funktioniert das Prinzip »just in time«: Geht eine Bestellung über den Onlineshop ein, ordert Weinel die Kleidung.
Bedruckt wird sie bei »GI-Plant« - und nach sechs bis acht Tagen erreicht das Paket die Kundschaft. 15 Bestellungen hat »espero« so in den ersten zwei Wochen abgearbeitet. Viele kamen aus der Region, der »exotischste« Käufer lebt in Leipzig.
»Bekannter werden« heißt Weinels nächstes Ziel. Rechtzeitig vor dem Winter möchte er die Kollektion erweitern und schnellstmöglich Kindergrößen in das Sortiment aufnehmen. Auch Besuche bei den Schutzorganisationen vor Ort stehen über kurz oder lang auf der Agenda. »Luft nach oben« sei also überall, sagen Weinel und Geller.
Zuversicht und Tatendrang hat das Paar jede Menge. Das verrät schon der Name des Labels. »Espero« stammt aus der Kunstsprache »Esperanto« - und bedeutet »Hoffnung«.