Schüler wollen politisch mitreden

Der Stadtschülerrat will die Interessen von Tausenden von Schülern in Gießen vertreten. Doch im Schulausschuss der Stadt sind die Mitglieder des Gremiums nicht vertreten. Wenn es nach dem Willen der jungen Menschen geht, soll sich dies bald ändern.
Im Ausschuss für Schule, Bildung und Demokratieförderung, Kultur und Sport der Stadt Gießen geht es - wie der Name schon sagt - auch um Schulthemen. Neben den dort vertretenen Kommunalpolitikern können dort Mitglieder des Ausländerbeirats gehört werden - und Ortsvorsteher, wenn es um Angelegenheiten aus »ihrem« Stadtteil geht. Nicht eingeladen oder angehört wird aktuell der Stadtschülerrat. Und das soll sich nach dem Wunsch der jungen Menschen ändern.
Zur Vorbereitung der Beschlüsse im Stadtparlament werden Ausschüsse eingesetzt. Im parlamentarischen Prozess haben sie eine herausragende Position; hier wird über Themen, Positionen und Anträge diskutiert und gerungen. In der Stadt gibt es neben dem Schulausschuss die Gremien für Klima-, Umwelt- und Naturschutz, Stadtentwicklung, Energie und Verkehr sowie für Soziales, Wohnen und Integration. Hinzu kommt außerdem der Haupt-, Finanz-, Wirtschafts-, Rechts-, Digitalisierungs- und Europaausschuss.
In der Geschäftsordnung des Stadtparlaments ist festgelegt, wie die Ausschüsse zusammengesetzt werden - und wer aktiv teilnehmen kann. Zuschauen darf generell jeder, es machen aber nur wenige. In Paragraf 23, Absatz 1 bis 3, werden Stadtverordnete, die nicht Mitglieder des Ausschusses sind, der Ausländerbeirat und Ortsvorsteher als weitere Teilnehmende genannt. In Absatz 4 heißt es: »In besonderen Fällen können die Ausschüsse sachkundige Personen, Sachverständige und Vertreter*innen von Bevölkerungsgruppen, die von einer Entscheidung berührt werden, zu ihren Verhandlungen mit beratender Stimme zuziehen. Über die Hinzuziehung entscheidet der Ausschuss mit der Mehrheit der Stimmen seiner Mitglieder.«
Genau das fordert nun der Stadtschülerrat - aber nicht bloß bei bestimmten Themen, sondern bei allen Sitzungen des Schulausschusses. In Oldenburg zum Beispiel vertritt der dortige Stadtschülerrat die Interessen von Schülern in politischen Gremien wie dem Schulausschuss. »Wir sind dort schon lange nicht mehr eingeladen worden«, sagt Maximilian Stock, Beisitzer des Gießener Stadtschülerrats im Rahmen eines Pressegesprächs im DGB-Haus an der Walltorstraße. »Wir freuen uns über die Möglichkeit, angehört zu werden«, betont der Schüler, »und wir wollen auch mitwirken.«
Engagement über
Bürgerbeteiligung
Für die Kommunalpolitik sei es wichtig, auch die Betroffenen zu hören, betont Stock. Der noch amtierende Stadtschulsprecher Paul Bartz nennt als Beispiel die Sanierung von Schulen, die immer wieder wenig praxisnah ausfalle. Als kleines Beispiel nennt er eine Schule im Umbau, in der Filz an den Wänden angebracht worden sei. »Es ist doch absehbar, wann dort das erste Kaugummi klebt«, sagt Bartz. Außerdem sei bei anderen Umbauarbeiten nicht an Fotovoltaikanlagen oder an begrünte Dächer gedacht worden. Dass der Stadtschülerrat am Ausschuss teilnehmen will, sei bereits in einer früheren Sitzung angesprochen worden, an der die zuständige Stadträtin Astrid Eibelshäuser teilgenommen habe. Umgesetzt worden sei der Wunsch aber nicht.
Und dies wird er vermutlich nicht so schnell. Wie die Stadt auf Anfrage dieser Zeitung mitteilt, sei eine aktive Teilnahme mit Anhörung und Redebeiträgen »weder in der Hessischen Gemeindeordnung noch in unserer Geschäftsordnung vorgesehen und daher aktuell nicht möglich«. Da die Ausschusssitzungen öffentlich sind, könnten die Schüler aber bei den Ausschüssen zuhören.
Wie die Stadt weiter ausführt, werde aktuell die Bürgerbeteiligungssatzung überarbeitet, deren Möglichkeiten nach Inkrafttreten auch vom Stadtschülerrat genutzt werden könnten. Bei einer der nächsten Sitzungen der Schülervertretung will die Stadt außerdem erklären, welche Möglichkeiten es für eine politische Beteiligung in Gießen gibt. Die Forderung des Gremiums sieht die Behörde positiv: Sie sei »sehr erfreut darüber, dass sich der Stadtschülerrat politisch aktiv in Gießen betätigen möchte und begrüßen dieses Interesse ausdrücklich.«