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800 Menschen bei Demo in Gießen gegen Ukraine-Krieg: „Es ist Putins Krieg“

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Von: Marc Schäfer

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800 Menschen demonstrierten in Gießen gegen den Angriffskrieg von Putin in der Ukraine.
800 Menschen demonstrierten in Gießen gegen den Angriffskrieg von Putin in der Ukraine. © Marc Schäfer

In Gießen versammeln sich 800 Menschen, um für die Menschen in der Ukraine und gegen Putin zu demonstrieren. Auch Ministerpräsident Bouffier ist vor Ort.

Gießen – 800 Menschen haben sich am Samstag (05.03.2022) am Berliner Platz versammelt, um ihre Solidarität mit der Ukraine zu zeigen, darunter der Generalkonsul des Landes, das unter Putins Angriffskrieg leidet, Vadym Kostiuk, und Ministerpräsident Volker Bouffier. Vor allem die Redner mit ukrainischen Wurzeln sorgten für bewegende Momente.

Als Orysya Kröck von der ukrainischen Gemeinde in Gießen am Samstagnachmittag zum Mikrofon griff, würde es ganz still unter den 800 Teilnehmern der Kundgebung gegen Putins Krieg in der Ukraine. »Welch Glück haben wir, unter diesem friedlichen Himmel zu stehen, den Frühling zu genießen, während die Ukraine ihre Geschichte mit dem Blut der eigenen Menschen schreiben muss. Diese Angst, diese Wut, diese Hilflosigkeit - es tut so weh«. Mit diesen Worten schickte Kröck ihren ganzen Schmerz über den Berliner Platz, wo zahlreiche blau-gelbe Fahnen und Transparente wehten.

Sie könne die »kalte Vernunft« der Nato verstehen, den Himmel über der Ukraine gegen russische Luftangriffe nicht schließen zu wollen, aber ihr Herz schreie danach, ihre Landsleute im Kampf um Frieden, Freiheit, Unabhängigkeit und Demokratie auf diese Weise zu unterstützen. »Wenn wir heute nicht handeln, ist es morgen für die Ukraine vielleicht zu spät.« Ihre flehenden Worte trafen ins Mark, bei dem einen oder anderen Zuhörer füllten sich die Augen mit Tränen.

Demo gegen den Ukraine-Krieg in Gießen: Das Regime Putin wird verachtet

Am zehnten Tag der russischen Invasion auf die Ukraine hatten die Gießener Jugendorganisationen von CDU, SPD, Grüne und FDP zu einer gemeinsamen Kundgebung gegen Putins Krieg eingeladen. Die Besucher harrten rund zwei Stunden aus, um ihre Unterstützung für die ukrainische Bevölkerung zu bekunden.

Neben Stadtverordnetenvorsteher Joachim Grußdorf sprachen der ukrainische Generalkonsul in Frankfurt, Vadym Kostiuk, der Gießener Historiker Hans-Jürgen Bömelburg und Oberbürgermeister Frank-Tilo Becher, Vertreter der Jugendorganisationen sowie Gießener, die Familie und Freunde in der Ukraine haben. »Wir verachten dieses Regime. Gießen war, ist und bleibt ein sicherer Hafen. Unsere Stadt und ihre demokratisch gewählten Repräsentanten stehen fest an der Seite der tapferen Ukraine, die so viel Not, Elend und Leid durch Putins Angriffskrieg erleiden muss«, betonte Grußdorf in seiner Rede.

Auch der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) war in Gießen.
Auch der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) war in Gießen. © Marc Schäfer

Der ukrainische Generalkonsul Kostiuk bedankte sich für die Solidarität und bat darum, die Neuankömmlinge gut aufzunehmen. »Bitte organisiert für meine geflüchteten Landsleute Unterbringungs- und Transportmöglichkeiten. Wir wären euch sehr dankbar dafür. Lernt uns besser kennen und ihr werdet sehen, dass wir mit Russland wenig gemeinsam haben und noch weniger haben wollen. Sie wissen, die Wahrheit ist mit der Ukraine. Es gibt uns die Kraft, diese Tortur in Würde zu ertragen«.

Klare Worte auf der Ukraine-Demo in Gießen: Es ist Putins Krieg

Hans-Jürgen Bömelburg verwies auf die russischen Wirtschaftsbeziehungen nach Europa. »Es werden täglich weit über 100 Millionen Euro an Russland gezahlt für Gas, Öl und Kohle. Aus meiner Sicht kann das nicht so bleiben und es ist falsch«, betonte Bömelburg. »Wir finanzieren mit unseren warmen Stuben und Automobilen die russische Kriegsführung mit«, bekräftigte der Historiker.

OB Becher unterstrich, dass er dankbar dafür sei, dass »Worte der Klarheit und der Analyse« bei der Kundgebung ausgesprochen werden würden. »Ich spüre, dass das die Kraft ausdrückt, die wir alle gemeinsam haben, weil wir solidarisch an der Seite der Ukraine stehen. Propaganda ist schon immer ein Teil der Kriegsführung gewesen und es ist umso wichtiger, immer wieder zu Propagandalügen nein zu sagen und etwas entgegenzusetzen«.

800 Menschen demonstrierten in Gießen gegen den Angriffskrieg von Putin in der Ukraine.
800 Menschen demonstrierten in Gießen gegen den Angriffskrieg von Putin in der Ukraine. © Marc Schäfer

Frederik Bouffier von der Jungen Union betonte, dass der Beistand für die Ukraine Gewiss sei. »Es beschämt mich, dass es in unserem Land immer noch Menschen gibt, die nicht klar und unmissverständlich erklären können, von wem diese Aggression ganz allein ausgeht. Von Putin, es ist Putins Krieg.«

Demo gegen den Ukraine-Krieg in Gießen: Ein Angriff auf die Freiheit

Lea Konrad von den Jusos sagte: »Das, was Putins Regime bedroht, ist das Streben seiner Nachbarn und seiner eigenen Bevölkerung nach Freiheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit«. Fabian Mirold-Stroh von der Grünen Jugend unterstrich, dass Putin »nur eine Angst« habe. »Und das ist die Angst vor dem eigenen Volk. Davor, dass sie es leid sind, unter Armut und Repression zu leben, während Putin und Oligarchenfreunde das Land plündern. Der Krieg ist ein Angriff auf die Freiheit«, sagte er.

Ein Demonstrant vergleicht den russischen Präsidenten Wladimir Putin mit Adolf Hitler.
Ein Demonstrant vergleicht den russischen Präsidenten Wladimir Putin mit Adolf Hitler. © Marc Schäfer

Der gebürtige Ukrainer Nikolai Davydov sprach für die Jungen Liberalen. Er betonte, dass Europa und die Freiheit wichtiger sei als Parteienpolitik. »Der Krieg richtet sich nicht gegen territoriale Interessen. Es geht gegen Freiheit und Demokratie als Konzept. Putin hat Angst, dass der Maidan zu ihm nach Moskau kommt«.

Auch Gerhard Keller (AK Leben nach Tschernobyl) kam zu Wort. In seinem Redebeitrag erzählte er von langjährigen Freunden aus der Ukraine und gab den Menschen, die dort derzeit um ihr Leben und ihre Freiheit kämpfen, so ein Gesicht. Als er von ihren Nachrichten und gemeinsamen Erinnerungen erzählte, versagte ihm immer wieder die Stimme.

Ukraine-Demo in Gießen: Putin „spielt mit 440 Millionen Europäern russisches Roulette“

Johannes Volkmann, Enkel von Ex-Bundeskanzler Helmut Kohl, verurteilte Putin aufs Schärfste. »Er spielt mit 440 Millionen Europäern russisches Roulette«, sagte der Vertreter der Europa-Union und sprach sich dafür aus, weitere Sanktionen zu verhängen. 50 Milliarden Euro, die Deutschland dadurch möglicherweise verlieren kann, »können nicht das Preisschild auf der Seele der Demokratie« sein.

Den Schlusspunkt setzte Student Pavlo Rospicky. Durch den Krieg sei er in einer anderen Welt aufgewacht, sagte er. In einer Welt, in der sein Vater in Kiew plötzlich mit einer AK-47 durch Straßen patrouilliere, seine Mutter sich mit Granate und Pistole in der Wohnung verstecke und seine Freunde an der Front kämpften. Und wieder hatten einige der Zuhörer Tränen in den Augen. (Marc Schäfer)

Für ein Paar aus dem Kreis Gießen ist an ein normales Leben nicht zu denken. Sie bangen um Verwandte in der Ukraine und berichten, wie sich in der Familie Gräben auftun.

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