Rhythmisch federnd und lebendig

Gießen (jou). Nur gut zwei Monate nach dem letzten Konzert hat das Universitätsorchester in der Kongresshalle das Semesterabschlusskonzert auf die Beine gestellt. Wegen der coronabedingten Auszeit war die Besetzung bei den Streichern diesmal etwas kleiner. Das gelungene Konzert stand unter erschwerten Bedingungen, musste das Ensemble in der zweiten Hälfte doch gegen basslastige Partymusik von draußen anspielen.
Leidenschaftliche und ernste Akzente
In der ersten Hälfte demonstrierte das Orchester unter Leitung von Stefan Ottersbach bei vier in Ausdrucksgestus, Instrumentation und Kompositionsstil sehr unterschiedlichen Ouvertüren seine Vielseitigkeit. In mannigfaltigen Farben erstrahlen ließ das Ensemble zu Beginn die Ouvertüre zu Wolfgang Amadeus Mozarts 1791 entstandener Oper »La clemenza di tito«. Da verband sich packende Dramatik mit ansprechend zugespitzten dynamischen Kontrasten.
Vom Klangbild und Aufbau ganz anders wirkte danach die Eröffnungsmusik zu Albert Lortzings »Der Wildschütz oder die Stimme der Natur« und führte in romantische Dimensionen. Leidenschaftlich-ernste Akzente setzte die Ouvertüre zu Goethes Trauerspiel »Egmont« von Ludwig van Beethoven. Die Musik zeichnete ein differenziertes Charakterbild des Titelhelden und mündete in einer triumphalen, Hoffnung vermittelnden Schlusssteigerung, die das Orchester mitreißend zu Gehör brachte. Als besonders abwechslungsreich erwies sich schließlich die Ouvertüre zu Giuseppe Verdis »La forza del destino«: Sie changierte raffiniert zwischen lyrisch-kantablen und virtuosen Passagen und rundete den ersten Programmteil ab. Einer kaum leichteren Aufgabe stellte sich das Orchester nach der Pause, widmete es sich doch Beethovens beliebter wie anspruchsvoller Sinfonie Nr. 1 C-Dur. Die Interpretation ließ erahnen, wie innovativ das Werk auf Beethovens Zeitgenossen gewirkt haben muss, und zwar bereits bei der ungewöhnlichen, die Tonika C-Dur zunächst vorenthaltenden Adagio-Einleitung. Schön baute das Orchester hier Spannung auf. Rhythmisch federnd und lebendig geriet der Allegro-Hauptteil des ersten Satzes.
Viel Beifall und Bravorufe
Unter Ottersbachs souveräner Leitung artikulierte das Ensemble recht deutlich und achtete auf klangliche Transparenz. Auch Form und Struktur ließen sich anschaulich nachvollziehen - bis hin zum kunstvollen motivisch-thematischen Geflecht in der Durchführung. Seiner klaren Linie blieb das Orchester beim Andante treu und zeichnete die Melodie anmutig. Ebenso gut getroffen schien der energische Grundcharakter des Menuetts; davon reizvoll abgesetzt das ruhige Innehalten im Trio-Teil. Das mit viel Temperament gespielte Allegro-Finale bildete den starken Abschluss eines Konzerts, das die Besucher zu viel Beifall und Bravorufen hinriss.