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Polizei stürmt besetztes Haus in Gießener Ostanlage

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Von: Eva Diehl

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Gießen, Ostanlage 31, Hausbesetzung, Blecher-Areal, 13.07.2018, Foto:edg
Gießen, Ostanlage 31, Hausbesetzung, Blecher-Areal, 13.07.2018, Foto:edg © edg

Aufruhr an der Ostanlage: Am Freitag haben linke Aktivisten ein leer stehendes Haus auf dem Blecher-Areal besetzt. Die Polizei räumte das Gebäude.

Gegen 22 Uhr setzte die Polizei dem Ganzen ein Ende. Mit Rammbock und Trennschleifer räumten mehrere Einsatzkräfte der Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit (BFE) am Freitagabend ein seit 17.30 Uhr besetztes Gebäude auf dem sogenannten Blecher-Areal an der Ecke Ostanlage/Moltkestraße. Dort hatten sich sechs Hausbesetzer verschanzt. Nachdem Besitzer Ulrich Blecher und Pächter Maurice Zach-Zach gegen die Besetzer Strafanzeige wegen Hausfriedensbruch und Sachbeschädigung gestellt hatten, sprach die Polizei Platzverweise aus und forderte die Besetzer und die vor dem Haus versammelten rund 50 Demonstranten auf, das Gelände zu verlassen. Die Demonstranten folgten aus freien Stücken, die Hausbesetzer mussten mit Zwangsmaßnahmen herausgeholt werden. Am Rande kam es zu einer Festnahme und Personenkontrollen. Ostanlage und Moltkestraße waren zeitweise gesperrt.

Bereits um 18.44 Uhr hatte die Polizei zum ersten Mal versucht, das Gebäude zu stürmen. Doch nach wenigen Minuten kamen die Einsatzkräfte unverrichteter Dinge wieder heraus. Es hatte sich herausgestellt, dass die Besetzer die Zugangstür in den vorderen Bereich des Gebäudes, in dem sie sich aufhielten, mit Pflastersteinen und Bauschaum zugemauert hatten.

Sechs Hausbesetzer

Mit ihrer Aktion wollten die Aktivisten auf Wohnungsknappheit und stetig steigende Mietpreise – auch in Gießen – aufmerksam machen. »Wir wollen ein positives Bild vermitteln«, rief einer der Besetzer aus einem Fenster. Damit unterstrich er die Forderung der Gruppe, mit Eigentümer Ulrich Blecher über ein Wohnprojekt auf dem Anwesen verhandeln zu wollen.

Das Doppelgebäude auf dem Grundstück Ostanlage 29/31 beherbergte früher den Elektrogroßhandel Gustav Blecher, der dieses Domizil aber schon 1988 verlassen hatte. Danach war dort die Bauaufsicht aus dem benachbarten Landratsamt ansässig. Die ist 2009 ausgezogen. Seitdem steht das Gebäude leer. Seit einigen Jahren hat die Metzgerei Zach-Zach einen Teil des Geländes gepachtet und nutzt den Parkplatz als Standplatz für ihre »Woscht-Anna«.

Von der Lage an der Ecke Moltkestraße würde sich das Grundstück anbieten für die Technische Hochschule Mittelhessen (THM), die ihren Campus bereits auf das benachbarte Ex-Landratsamt ausgedehnt hat. Eine entsprechende Anfrage der THM an den Eigentümer hat es auch schon gegeben, doch soll der dem Vernehmen nach eine unrealistische Kaufpreisvorstellung in Höhe von mehr als 2 Millionen Euro haben.

Mit Mauer verbarrikadiert

Eigentümer Ulrich Blecher lebt in der Schweiz. Der 80-Jährige ist unter anderem Inhaber der Cranioform AG, die sich um Helmtherapie für Kinder mit Kopfdeformitäten kümmert. Dem Schweizer Gemeindebürger gehört auch die MTP Multi Tech Precision AG, ein Präzisionstechnik-Handel.

Begonnen hatte die Aktion am Freitag eigentlich mit einer von linken Gruppen aus dem Antiquariat Guthschrift angemeldeten Demonstration um 16.30 Uhr am Kirchenplatz, die unter dem Motto »Wohnraum für alle – Mietwahnsinn wegtanzen« stand. »Sozialwohnungen sind Mangelware, dabei stehen in Gießen mehr als 40 Gebäude leer – manche schon seit zehn Jahren«, hieß es von den Veranstaltern. Es fehle besonders an Sozialwohnungen und bezahlbarem Wohnraum. »Nicht nur in Gießen haben wir mit explodierenden Mieten zu kämpfen.«

Polizei setzt Rammbock ein

Mit Musik zogen die 50 Demonstranten zunächst durch die Innenstadt, vom DGB-Haus durch die Senckenbergstraße direkt auf das Blecher-Gelände zu. Die Hausbesetzung war keine spontane Aktion. Neben der zugemauerten Tür hatten die Aktivisten einen Flyer mit ihrer Botschaft vorbereitet und in Windeseile Transparente am Haus ausgerollt. An den Fenster tauchten schnell zum Teil Vermummte auf. Gegen 17.30 Uhr hatte ein Redner das Haus für besetzt erklärt.

Nach und nach rückten dann Polizisten an. Rund 45 Minuten nach der Besetzung forderten die Beamten die Hausbesetzer zum ersten Mal auf, das Gebäude zu verlassen, während die aus dem Anwesen riefen: »Die Häuser denen, die drin wohnen« oder sangen: »Ihr kriegt uns hier nicht raus, das ist unser Haus« von »Ton Steine Scherben«. Damit sollten sie allerdings nicht recht behalten.

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