Personaloffensive in den Kitas
Gießen (kw). Seit Jahr und Tag stöhnen die Kindertagesstätten über Personalmangel. Dennoch gelingt es den Einrichtungen in Gießen, zusätzliche Fachkräfte zu gewinnen. Die Vorgaben des »Gute-Kita-Gesetzes« würden zum Stichtag 31. Juli voraussichtlich erreicht, erklärte Stadträtin Gerda Weigel-Greilich (Grüne) auf GAZ-Anfrage. Das gelte sowohl für die städtischen Einrichtungen als auch für diejenigen in freier Trägerschaft.
Für die rund 3600 Betreuungsplätze in Gießen waren vor einem Jahr 456 Vollzeit-Erzieherstellen besetzt. Im Juli dieses Jahres sollen es 538 sein, also 82 mehr. Nur wenn diese Vorgaben erfüllt sind, kann ein Träger Extrageld über das »Gute-Kita-Gesetz« des Bundes erhalten. Die Teilnahme ist freiwillig.
Rechnerisch fehlen 447 Kita-Plätze
Ein erheblicher Teil der Zusatzkosten bleibt an der Stadt hängen. Die 82 Extrastellen kosten bei vollständiger Umsetzung in allen Kitas etwa 4,5 Millionen Euro pro Jahr. Davon muss die Stadt 2,1 Mio. aus eigenen Haushaltsmitteln finanzieren. Der Rest kommt über das - so der offizielle Name - »Gesetz zur Weiterentwicklung der Qualität und zur Teilhabe in der Kindertagesbetreuung«.
Für die Umsetzung gibt es eine Übergangsfrist von August 2020 bis Juli 2022. Die Stadt Gießen hat zum April 2021 die Rahmenbedingungen so geändert, dass alle Träger weitere Stellen schaffen können. In den städtischen Kitas mit 860 Plätzen beträgt das angestrebte Plus 18 Stellen. Sie würden seit einem Jahr fortlaufend besetzt, so die Jugenddezernentin Weigel-Greilich. »Dieser Prozess wird voraussichtlich im Sommer erfolgreich abgeschlossen sein.« Laut Rückmeldung der Träger werde auch ihnen die Personalaufstockung gelingen.
Auf eine Anfrage der CDU-Stadtverordneten Kathrin Schmidt hin erläutert Weigel-Greilich in einem Bericht, wie die Stadt um Erzieher-Nachwuchs wirbt. Unter anderem ist seit diesem Jahr das duale Studium Kindheitspädagogik möglich. Sieben Semester lang arbeiten die Studierenden dreimal wöchentlich in Kitas. Zur Aliceschule, wo die klassische Ausbildung zur Erzieherin oder zum Erzieher in Gießen angesiedelt ist, pflegt die Stadt engen Kontakt.
Im Bericht wird aber auch deutlich, wie knapp das Angebot nach wie vor ist. Unter den 3600 Betreuungsplätzen in Gießen sind 633 für Kinder unter drei Jahren, 2480 für das Kindergartenalter und 45 im Hort. Rechnerisch fehlen 447 Plätze, davon 168 für das U3-Alter (die Daten stammen vom September 2021). Am schlechtesten ist die Situation in der West- und Nordstadt mit jeweils rund 40 fehlenden Plätzen. Der Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung sei dennoch bisher immer erfüllt worden, etwa durch temporäre Betreuung und die Tagespflege, so Weigel-Greilich.
155 Kinder werden im Stadtgebiet von Tagesmüttern oder -vätern betreut. Mehr als ein Drittel von ihnen, nämlich 61, leben außerhalb Gießens. In den Kitas haben Familien aus dem Kreis dagegen keine Chance. Die großen evangelischen (Dekanat, Diakonie) und katholischen (Caritas, SkF) Träger bieten 1640 Plätze.