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Osterbräuche aus der Ukraine: Mutter und Tochter aus Kiew backen Osterbrot in Gießen

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Von: Sophie Röder

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Der Hefeteig für das ukrainische Osterbrot Paskha sollte einige Stunden gehen. © Sophie Mahr

Das orthodoxe Osterfest findet eine Woche nach dem hiesigen statt. Es fällt auf den Sonntag, der auf den ersten Vollmond nach Frühlingsanfang folgt. In der Ukraine ist es Brauch, für das Fest ein spezielles Osterbrot zu backen.

Gießen - Als erstes werden Mehl, Zucker, Rosinen, der Abrieb einer Zitronenschale und Trockenhefe miteinander verrührt. Anschließend kommt geschmolzene Butter hinzu, Milch und Eigelb. Die Masse wird mit einem Handrührgerät gut vermengt. Dann heißt es abwarten, denn der Teig für das ukrainische Osterbrot Paskha muss mindestens eineinhalb Stunden gehen. Je länger er geht, desto besser. Daher haben Mutter Alla und ihre Tochter Uliana den Teig am Morgen schon vorbereitet, um ihn am Nachmittag zu backen.

Nachdem der Hefeteig gegangen ist, füllt Uliana diesen in eine kleine aber Hohe Springform. Der Durchmesser beträgt rund 18 Zentimeter und die Höhe zehn. Normalerweise backt Alla nicht mit einer Backform, sondern mit Panettonepapier. Das gebe es in der Ukraine vor Ostern - was Velykden heißt - immer in rauen Mengen zu kaufen. Denn das Osterbrot hat dort Tradition. In Gießen war dieses Papier nicht zu bekommen, weshalb Mutter und Tochter auf die Backform ausgewichen sind. Teig und Form kommen bei 200 Grad in den Backofen. Uliana stellt den Wecker auf zehn Minuten.

Über die Tradition des ukrainischen Osterbrotes Paskha

Während das Paskha im Ofen ist, erzählt sie von der Tradition des Brotes: Die runde Form sei ein Zeichen für Gott und das Brot stehe für das Fleisch Jesus. Es sei ein Symbol für dessen Wiederauferstehung. Beim Backen sei es wichtig, das Brot mit viel Liebe und guten Wünschen zuzubereiten. »Wenn man das Paskha anschneidet, sollte es fluffig sein. Ist es nicht fluffig, heißt es, dass man kein gutes Jahr vor sich hat, da man nicht mit guten Gefühlen gebacken habe.« Beim Teilen des Osterbrotes, sei es ebenso wichtig, dies mit guten Gedanken zu tun. In Allas und Ulianas Familie werde das Osterbrot an den Ostertagen immer im Kreise der Familie gegessen.

Alla ergänzt: »Viele Familien bringen das Paskha in der Nacht vor Ostern in die Kirche und lassen es segnen.« Zudem gebe es einen zweiten Osterkuchen, eine Quark-Paskha. Er wird ohne Backen zubereitet und basiert auf Quark. Für diesen gibt es eine spezielle Form, in die der Teig gepresst wird. »Es ist Tradition, an Ostern beide Varianten zu haben«, sagt Uliana. Der Wecker klingelt. »Jetzt wird der Backofen auf 170 Grad heruntergestellt. Das Osterbrot braucht noch 40 bis 50 Minuten. Währenddessen erzählen Mutter und Tochter, welche Osterbräuche sie in der Ukraine gefeiert haben. Wegen des Krieges sind sie zusammen mit Ulianas älterer Schwester Olha aus Kiew nach Gießen geflohen. Alla und Uliana sind bei einem Paar untergekommen, dessen Küche nun nach Paskha duftet.

Osterbräuche in der Ukraine: »Bei uns gibt es keinen Osterhasen«

Unterschiede zum deutschen Osterfest liegen nicht nur im Datum. In der Ukraine stehe die religiöse Bedeutung des Festes im Vordergrund. »Bei uns gibt es keinen Osterhasen«, erzählt die 14-Jährige. Doch manche Bräuche sind ähnlich. So werden auch in der Ukraine Eier gefärbt. Der Grund dafür liege in einer Legende, die Ulianas Großeltern ihr erzählt haben: »Nach Jesus Wiederauferstehung soll der König nicht geglaubt haben, dass es wahr ist. Er soll ein Ei in der Hand gehalten und gesagt haben: ›Wenn sich das Ei rot färbt, ist Jesus wirklich auferstanden.‹ Und siehe da: Das Ei färbte sich rot.« Daher sei es lange Tradition gewesen, die Eier nur rot zu färben, inzwischen würden aber viele Farben verwendet.

Noch zwei weitere Bräuche drehen sich um Eier: So werden nicht nur gekochte Eier bunt gefärbt, sondern ausgeblasene Eier mit Wachs mit verschiedenen Volksmustern beschriftet. »Die Eier heißen Pysanky und die Ornamente stehen zum Beispiel für Liebe, Glück oder ein Zuhause«, sagt Uliana. Ein Brauch, der auch in Mittelhessen verbreitet ist, ist das Eiertitschen. »Die Tradition mag ich wirklich gern«, sagt Uliana. »Meistens gewinnt mein Großvater.«

Putzen und fasten als Vorbereitungen für das ukrainische Osterfest

Auch in der Vor-Oster-Zeit gibt es Bräuche. Ab Aschermittwoch beginnt in der Ukraine das Fasten. Alla erklärt, dass dies dazu da sei, um Körper und Geist zu reinigen und Gott nah zu sein. In der letzte Woche - also die Woche zwischen dem christlichen und dem christlich-orthodoxen Osterfest - sei die Fastenzeit besonders streng. Am Gründonnerstag findet dann der große Frühjahrsputz statt. »Damit sollen alle bösen Wintergeister vertrieben werden«, erzählt Uliana.

Die Begrüßung am Morgen von Velykden verlaufe nach einem ganz betimmten Ritual mit den Worten: »Jesus ist wiederauferstanden? Ja, Jesus ist wiederauferstanden.« Zudem werde über die Feiertage festliche Kleidung, die Vyshyvanka, getragen, berichtet Alla. In ihrer Familie habe es nach dem Zweiten Weltkrieg eine weitere Tradition gegeben. »Meine Oma kam aus einer armen Familie, daher war es Brauch, dass zu Ostern neue Kleidung und Schuhe geschenkt wurden.«

Der Wecker klingelt erneut. Nun kommt das Paskha aus dem Ofen. Anschließend stellt Alla es zum Abkühlen an die frische Luft. Währenddessen bereitet Uliana die Glasur vor. Sie schlägt das Eiweiß zu Eischnee auf und vermengt es mit dem Puderzucker.

Diese Glasur verteilt sie gleichmäßig auf dem Osterbrot. Und zu guter Letzt kommen reichlich bunte Streusel obendrauf. Darüber freut sich Uliana besonders. Erst jetzt ist das ukrainische Osterbrot Paskha fertig. Es sieht super lecker aus.

Die Zutaten für das ukrainische Osterbrot Paskha

Für den Teig

750 Gramm Mehl

300 Milliliter Milch

7 Eigelb

1 1/2 Päckchen Trockenhefe

150 Gramm Butter

225 Gramm Zucker

75 Gramm Rosinen

Schale von einer Zitrone reiben

Für die Glasur

100 Gramm Puderzucker

1 Eiweiß

1 Päckchen bunte Streusel

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Alla und Tochter Uliana bereiten gemeinsam die Glasur für das ukrainische Osterbrot zu. © Oliver Schepp
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Das ukrainische Osterbrot Paskha ist fast fertig. Nun streut Uliana noch die bunten Streusel auf die Glasur. © Oliver Schepp
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smf_Paskha3_130422_4c © Sophie Mahr

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