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Opposition spricht von »Klatsche«

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Von: Burkhard Möller

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Muss nachbesseren: Stadtkämmerer und Bürgermeister Alexander Wright. © Oliver Schepp

Gießen (mö). Nach der Nichtgenehmigung des Stadthaushalts 2023 durch die Kommunalaufsicht des Gießener Regierungspräsidiums kommt aus den Reihen der Opposition im Stadtparlament deutliche Kritik an Stadtkämmerer Alexander Wright (Grüne) und der grün-rot-roten Stadtkoalition. CDU, FDP und AfD sprechen in Pressemitteilungen von einer »Klatsche« für das Regierungslager.

Die CDU forderte sogleich, auf die Durchführung des mit einer Million Euro »schöngerechneten« Verkehrsversuchs am Anlagenring zu verzichten. Die FDP legte bei den Personalausgaben den Finger in die Wunde, die AfD sieht die Handlungsfähigkeit der Stadt durch die nunmehr zu praktizierende »vorläufige Haushaltsführung« eingeschränkt.

Moniert worden von der Kommunalaufsicht war laut Stadt vor allem die mittelfristige Finanzplanung bis 2026. Sie sieht sowohl im Ergebnishaushalt als auch im Finanzhaushalt eine massive Erhöhung des Defizits und der Nettoneuverschuldung vor. Im Haushaltssicherungskonzept hatte sich das Defizit bis 2026 auf fast 65 Millionen Euro addiert, bei der Neuverschuldung wären es - laut der letzten Magistratsänderungsliste zum Finanzhaushalt - Ende 2026 rund 120 Millionen Euro. Wright, der seit 1. März 2022 Kämmerer ist und seinen ersten Etat eingebracht hat, hat angekündigt, den Haushalt in den nächsten Monaten entsprechend zu korrigieren. Den Ergebnishaushalt, in dem die laufenden Einnahmen und Ausgaben der Stadt abgebildet werden, hält er für genehmigungsfähig und verweist auf die hohen Rücklagen, die die Stadt dank der »fetten« Jahre bilden konnte. Bei den Investitionen, die im Finanzhaushalt ausgewiesen werden, müsse »priorisiert« werden.

In diesem Zusammenhang hatte das RP angemahnt, das Investitionsprogramm realistischer zu gestalten, da sich die Vorhaben in den nächsten Jahren ohnehin nicht alle realisieren lassen. Wright selbst hatte im Herbst davon gesprochen, dass die sogenannten Haushaltsausgabenreste zu hoch seien und der Finanzhaushalt bereinigt werden müsse. Das wünscht sich auch die FDP. »Wenn nur noch solche Investitionen auftauchen, die wirklich realisiert werden können, dann könnte man beinahe von einem transparenten Haushalt sprechen«, erklärte Fraktionschef Dominik Erb. Bestätigt fühlen sich die drei Fraktionen durch die Mahnung des RP an die Stadt, die Personalausgaben zu senken. Mit dem Einwohnerwachstum sei der massive Stellenzuwachs der letzten Jahre nicht zu erklären, so Erb. So sei die Bevölkerung seit 2018 um rund fünfeinhalb Prozent gestiegen, die Stellen im gleichen Zeitraum aber um 35 Prozent. Die AfD sieht hinter der Personalaufstockung auch die Umsetzung »ideologisch geprägter Projekte« beim Klimaschutz, dem Verkehr und »Geplänkeln« wie der Verteilung von kostenlosen Menstruationsprodukten in öffentlichen Toiletten. Dies alles »fresse« Gelder, die woanders dringend gebraucht würden. Die CDU forderte einen realistischen und »kritischen« Blick auf den Stellenplan. Die Besetzung von derzeit noch unbesetzten Stellen müsse hinterfragt werden.

Ob und inwieweit sich die Nichtgenehmigung des laufenden Haushalts auswirken wird, wird davon abhängen, wie schnell Wright die angekündigten Korrekturen vornimmt. Mit der Einbringung im Oktober, der Beschlussfassung im Dezember und der Genehmigung im Februar oder März ist man in Gießen zügig mit dem Haushalt unterwegs. Eine Genehmigung noch im Frühjahr wäre kein Beinbruch.

Zuletzt hatte die Kommunalaufsicht einem Gießener Etat 2014 die Genehmigung versagt. Damals befand sich die Stadt unter dem Kommunalen Schutzschirm des Landes Hessen und hatte einem strengen Abbauplan zu folgen, was das Defizit betraf.

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