Nun doch eine Marie-Schorge-Straße
Gießen-Rödgen (rc). Die Beteiligungsrechte des Ortsbeirates Rödgen standen im Mittelpunkt der Ortsbeiratssitzung. Für Ärger im Gremium sorgt eine Entscheidung der Straßenbenennungskommission.
Wie Christoph Thiel (CDU) deutlich machte, hätten die Bürgervertreter immer wieder beklagt, dass die Beteiligungsrechte öfters nicht so respektiert worden seien, wie es die Hessische Gemeindeordnung (HGO) vorschreibt. Thiel zitierte die HGO: »Der Ortsbeirat ist zu allen wichtigen Angelegenheiten, die den Ortsbezirk betreffen, zu hören«. CDU, SPD und Freie Wähler hatten im November die Kommunalaufsicht beim Regierungspräsidium Gießen (RP) eingeschaltet. Damals wurden im Stadtparlament Maßnahmen zum Bebauungsplan »In der Roos« in Rödgen behandelt. Die Fraktionen im Ortsbeirat sind der Auffassung, der Beschluss der Stadtverordneten hätte nicht ohne vorherige Anhörung der Rödgener gefasst werden dürfen. Sie sehen darin einen Verstoß gegen die Gemeindeordnung und die Geschäftsordnung für die Ortsbeiräte. Thiel verwies auch auf den Grenzänderungsvertag von 1971, wonach der Ortsbeirat zu allen Angelegenheiten zu hören ist, die den Stadtteil betreffen.
Die Kommunalaufsicht beim RP sieht jedoch keine Anhaltspunkte, dass der Ortsbeirat nicht rechtzeitig informiert worden sei - unter anderem deshalb, weil Tagesordnungen zu den Sitzungen der Stadtverordneten den Ortsbeiräten zugestellt werden. »Eine eindeutige Rechtsverletzung liegt bei dieser Sachlage nicht vor«, resümiert das RP. Es begrüßt aber, dass die Stadt Gießen das Anhörungsverfahren zu Angelegenheiten, die den Ortsbezirk betreffen, überdenkt und gegebenenfalls anpasst. Thiel interpretierte: »Es war wohl doch nicht so in Ordnung.«
Auch Jürgen Becker (SPD) machte seinem Unmut Luft: Der Ortsbeirat sei nicht beteiligt worden, und das zum wiederholten Male sowohl jetzt, als auch in der letzten Legislaturperiode. »Bis heute hat sich nichts geändert!« Er regte an, den Schriftverkehr zwischen Ortsbeirat und Kommunalaufsicht dem Stadtverordnetenvorsteher zuzuleiten, damit der sehe, »dass hier etwas nicht in Ordnung ist«. Konstantin Becker (Rgg) hätte es gut gefunden, wenn CDU, FW und SPD im Vorfeld die Problematik mit ihm besprochen hätten, denn auch seine Fraktion sei davon betroffen.
Ortsvorsteherin Elke Victor (FW) stellte klar, das Schreiben sei nicht im Namen des Ortsbeirates verfasst worden. Sie hoffe auf Besserung beim Verhalten der Stadt, musste aber einen Moment später »eine Rüge« loswerden. Nur durch Zufall habe sie gesehen, dass die Benennung einer Straße in Rödgen am heutigen Donnerstag in der Stadtverordnetenversammlung auf der Tagesordnung steht. 2019 hatte sich der Beirat zur Unterbreitung von Vorschlägen für die Benennung von Straßen und Plätzen dem Vorschlag »Triesch« des Ortsbeirates für die Erschließungsstraße des Wohngebiets »In der Roos« mit der Mehrheit von CDU und FW angeschlossen. Die SPD scheiterte mit dem Vorschlag, die Straße nach der letzten Bürgermeisterin von Rödgen, Marie Schorge, zu benennen. Die Straßenbenennungskommission entschied sich nun aber mit acht zu zwei Stimmen für den Vorschlag Marie-Schorge-Straße.
Victor ließ darüber abstimmen, die neue Magistratsvorlage zurückgehen zu lassen, mit dem Hinweis, der Ortsbeirat sei an der neuen Entscheidung nicht beteiligt worden. Dies geschah einstimmig bei Enthaltung der Grünen.