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Neues Projekt in der Stadt

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Von: Axel Cordes

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JESK, das sind Christian Schiller, Dirk Kunz, Andreas Jamin und Michael Ehret (v. l.). © Axel Cordes

Gießen JESK? Dahinter verbirgt sich nicht etwa ein nordischer Bettenhändler, sondern ein relativ neues Projekt des in der Schlammbeiserstadt bestens bekannten Posaunisten Andreas Jamin. Vor zweieinhalb Jahren war das Quartett bei der Corona-Kulturshow in der Volksbank im Schiffenberger Tal erstmals in Gießen zu erleben - und hinterließ einen nachhaltigen Eindruck.

Die anderen drei Buchstaben des Akronyms stehen für Jamins Marburger Kollegen Michael Ehret (Schlagzeug), Christian Schiller (Gitarre) und Dirk Kunz (Kontrabass). Am Mittwoch gaben die vier nach zweimaliger Verschiebung aus den bekannten pandemischen Gründen ihre musikalische Visitenkarte im gut besetzten Gewölbe des Ulenspiegels ab.

Andreas Jamin mal ganz »unplugged«

Gießener Jazzfans wissen ja, was sie an Andreas Jamin haben, den man immer wieder in den unterschiedlichsten Besetzungen erleben darf. Der JESK-Abend bot nun eine der eher seltenen Gelegenheiten, den Posaunisten mal ganz »unplugged« zu erleben: kein angeklemmtes Mikro, keine daran angeschlossenen Effekte. Seine Markenzeichen kamen dennoch zu 100% zum Tragen: Von den hoch melodischen Kompositionen mit ihren hymnisch-kantablen Linien bis hin zum dramaturgisch geschickten Einsatz des »Growling«, also der »Bratz-Posaune«.

Neben Jamin tragen auch Gitarrist Christian Schiller, dessen Sound trotz großer Vorbilder ganz eigenständig wirkt, und Kontrabassist Dirk Kunz, der seine Soli in höchsten Lagen gerne durch gesungene Harmonien begleitet, mit ihren Kompositionen zum Genuss des ausgesprochen kurzweiligen Abends bei. Kunz’ Opener »Identität« ist entspannter Besen-Jazz, der sich aber mit Kunz’ Bass- und Schillers Gitarrensolo subtil verdichtet. Dafür wird die wunderschöne und in Gießen schon oft gehörte Jamin-Ballade »In Your Eyes« lateinamerikanisch aufgepeppt.

Drummer Michael Ehret brennt hier ein wahres Feuerwerk an farbiger Percussion ab - ohne jemals aufdringlich zu tönen. Schillers »Ich bin raus« weckt leise Erinnerungen an »Summertime«, entwickelt sich dann aber in eine bluesigere und dunklere Richtung. »Equifox« verarbeitet Elemente von John Coltranes »Equinox«, präsentiert sich im Ulenspiegel jedoch als deutlich schnellere Nummer mit treibendem Walking Bass. Man möchte glatt die alten Blue Note-LPs wieder auflegen.

Kunz’ »Chimäre«, das auf einem simplen Bass-Abgang basiert, ist eine schöne Hommage an seinen Kollegen Ron Carter. Applaus gibt es vor allem für Schillers unbegleitetes Gitarrensolo, das mit überraschenden Läufen, geschickten Wechseln zwischen klingenden und gedämpften Saiten, Single Notes und spannenden Akkorden fasziniert.

Schillers Komposition »Reaching Out« baut mit gestrichenem Bass eine unterschwellige Spannung auf, die sich in einer längeren Passage der Posaune entlädt - während die Band im Hintergrund ihr musikalisches Gebräu weiterkocht.

Gegen Ende erfährt man von Kunz noch, dass die kurze Zugabe Part IIc in Keith Jarretts legendärem »Köln Concert« tatsächlich einen Namen hat: JESK spielt »Memories of Tomorrow« in einer eigenen Quartettversion. Jamins »Alarm« ist ein funky Rausschmeißer - aber ohne Zugabe, das soulig-gospelartige »The Lord Is Listening to You, Hallelujah« von Carla Bley, darf ein so vielfarbiger Abend natürlich nicht zu Ende gehen. Axel Cordes

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