Närrisches Rededuell zur Verkehrspolitik

Gießen (nal). Mit 307 Tagen Verspätung ist das Gießener Prinzenpaar offiziell in seine hoheitliche Amtszeit gestartet. »Endlich ist es soweit«, freuten sich Prinz Maurice I. und Prinzessin Yulia I. denn die eigentlich am 8. Januar vorgesehene Inthronisation war coronabedingt ausgefallen und wurde nun zum Start in die »fünfte Jahreszeit« nachgeholt.
Am 11.11. um 20.44 Uhr stand also das Prinzenpaar samt Hofstaat in stattlichem Ornat auf der Bühne der Kongresshalle und erhielt das Zepter von den Vorgängern Prinz Sebastian I. und Prinzessin Carina I.
»Blaublütiger Großmeister der hessischen Küche, edler Regent der höfischen Schanken zu Hawwer und Specht, preisgekrönter Herrscher in der Manufaktur von exzellentem Fleisch und Woscht« lautet der Beiname des Prinzen Maurice I, der im »normalen Leben« Wirt der Gaststätte »Hawwerkasten« ist. Seine Prinzessin Yulia I. trägt den Beinamen »Bezaubernde Regentin aus dem Reiche des Zaren, kreative Schöpferin mit Stift und Pinsel, strahlende Lieblichkeit zu Wasser und Eis«. Ihnen zur Seite stehen Adjutant Thorsten (Ruppel), »Glorreicher Verteidiger von Ball und Justizia, wandernder Stadtmusikant im Gießener Land«, sowie Hofdame Carla (Koschare), »charmante Baroness der Feinbäckerei aus dem Schwalbacher Land, wortgewandte Künstlerin von Blitz bis Zuckerguss«. Inspizient Frank (Beck) ist »Ehrenvoller Herrscher über Blitz und Blende aus der schützenden Truppe, Rudernder Ehrenmann der GFV auf Fluss und See« am närrischen Hof.
Bürgermeister kontert Prinz
Die Gießener Fassenachts-Vereinigung (GFV) startete erstmals mit der Inthronisation in eine Kampagne. Prinz Maurice ging in seiner Proklamationsrede auch auf die Stadtpolitik ein: »Denn koste der Sprit auch zwei Mark zehn, egal, die Fahrradwege müssen jetzt entstehen. Die Parkplätze am Brandplatz wollen sie uns streichen, unsere Gäste müssen dann auf ein Parkhaus ausweichen«. Diese Worte mussten sich auch Stadtverordnetenvorsteher Joachim Grußdorf und Bürgermeister Alexander Wright anhören, die als oberste Vertreter der närrischen Untertanen dem Regentenpaar ihre Aufwartung machten. Grußdorf überbrachte reimend »Glückwünsche vom Stadtparlament klipp und klar« und überreichte »eine kleine Spende von 50 Euro für das Prinzenpaar aus dem Säckel des Vorstehers für dieses Jahr«. Derweil konterte Wright die Proklamationsworte des Prinzen mit den Worten »Gießens Innenstadt wird zur Oase, dank mancher Fahrradstraße«. Wright meinte vergnügt, dass es ihm »wie dem Prinzenpaar« gehe, »nur dauert meine Kampagne sechs Jahre«. Der Bürgermeister versicherte dem Prinzenpaar zum Schluss »Unseren Schlüssel kriegt ihr nicht« - und spielte damit auf den noch bevorstehenden närrischen »Sturm aufs Rathaus« an.
Doch damit war der politische Schlagabtausch an diesem Abend keinesfalls beendet. Auch »Der Lahnschwimmer 1907« alias Peter Meilinger, der in einem Original-Badeanzug von 1907 in die Bütt gestiegen war, teilte kräftig aus und nahm das Thema Verkehrswende in Gießen auf die Schippe.
333 Besucher verfolgten den Kampagnestart der Gießener Fassenachts-Vereinigung, und für die neue Präsidentin Anja Helmchen und ihren Vize Sören Schneider war die Inthronisation eine Premiere. Gemeinsam mit Sitzungspräsident Günter Helmchen führten sie durch das Programm, das vom Blasorchester des Musikvereins Reiskirchen eröffnet worden war. »Casino Royal, was für ein Glück - die Gießener Fassenacht ist zurück«, lautet das Motto der Kampagne, und in diese wurde mit voller Kraft eingetaucht.
Tanzmariechen Saskia eröffnete den Tanzreigen, es folgten im Verlauf des Abends Midi- und Junioren-Garde sowie Ari. Für ausgelassene Stimmung sorgten zudem die »Voiceseccos« mit einem Liederreigen, während Senatspräsident Franz Koch und sein Vize Andreas Lenzer sowie das Narrentrommelteam dem Prinzenpaar ihre Aufwartung machten. Den Abschluss setzten die »Kinziggeister« mit ihrem Mummenschanz und bekannten Melodien. Kapellmeister Stefan Müller geleitete durch den Abend und spielte danach noch im Foyer der Kongresshalle zur Aftershowparty auf.