1. Gießener Allgemeine
  2. Gießen

Nachts sind alle Katzen schlau

Erstellt:

Von: Manfred Merz

Kommentare

Symphoniekonzert-Preview_4c_1
Sommerabende, Feenwelten, Nachtmusik: Andreas Schüller moderiert, um wenige Takte später wieder zu dirigieren. © Red

»Sommernachtsträume« haben im Stadttheater Konjunktur. Auch auf der Konzertbühne. Obwohl der Februar eigentlich so gar nicht nach Romantik klingt.

Man soll ja das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden. Also dann: Im Stadttheater folgen dem »Sommernachtstraum« als Oper von Benjamin Britten nun die »Sommernachtsträume« als Konzerte. Zunächst war am Mittwoch die Preview mit mehr als 100 Besuchern im Großen Haus an der Reihe. In geheimnisvolle Sphären entführte das Philharmonische Orchester an diesem beinahe vorfrühlingshaften Abend. Getreu dem Motto: Nachts sind alle Katzen schlau.

Nicht zuletzt dank der fundierten Moderation von Generalmusikdirektor Andreas Schüller weht Shakespeares »Sommernachtstraum« in den Saal. Hin und wieder streut der Dirigent Bonmots ein, um der Theorie in seinen musikwissenschaftlichen Betrachtungen das Staubige aus den Poren zu pusten.

Mehr Finsternis und Drama

Wie das so ist bei Hits: Shakespeares berühmte Komödie aus der Zeit um 1600 hat unzählige musikalische Bearbeitungen hervorgerufen, von denen Schüller einige vorstellt. Der Weg führt von der Romantik bis in die Moderne, namentlich: Luigi Dallapiccola. Der Italiener versucht auch noch im 20. Jahrhundert, die unheimliche und gespenstische Atmosphäre einer milden Dunkelheit musikalisch einzufangen.

Seine »Piccola musica notturna« ist keine »Kleine Nachtmusik« im Mozart’schen Sinne. Dallapiccola hat seine eigenen Ideen. Oder wie es Schüller formuliert: »Musik für die Nacht war für Komponisten aller Epochen interessant.« In ruhigem Tempo tauschen hier drei solistische Holzbläser zarte Kantilenen aus, die von drei Streichinstrumenten grundiert werden. Celesta und Harfe färben den Klang dieser feinen Orchestration schattenrissartig ein. Es herrscht deutlich mehr Finsternis und auch Drama als bei Mozarts Streicherserenade.

Schüller erklärt die Details. Dem Stück liegt als Programm ein Gedicht des Spaniers Antonio Machado zugrunde, der die »schöne Sommernacht« lobpreist. Allerdings wandelt der Verfasser allein darin umher. Ein Italiener hätte seinem Poem sicher eine Prise Amore eingehaucht.

Zu Beginn des Abends wird Felix Mendelssohn Bartholdys Musik zu »Ein Sommernachtstraum« op. 61 (1827) durchdacht beleuchtet und ein wenig in seine Einzelteile zerlegt, etwa wenn die Querflöte feenhaft erscheint und die Unterschiede zwischen Naturhorn und modernem Ventilhorn erklärt werden.

Spannende Einblicke liefert Schüller außerdem zu Carl Maria von Webers ebenso romantischer »Oberon«-Ouvertüre aus dem Jahr 1826. Erneut geht es ins Feenreich. Aber auch zu den Rittern, zu ehelicher Treue und Liebesleid(enschaft). Weber lässt fünf Jahre nach seinem »Freischütz« in gerade mal acht Minuten ein Paradestück erklingen, das es in sich hat.

Sterne leuchten bis zum Schluss

Und dann handelt es sich bei dieser Ouvertüre, wenn man so will, auch noch um die früheste sinfonische Dichtung, weil der Komponist die Sonatenform mit den Inhalten seines nachfolgenden Dramas verschmolz. Also Hut ab und zurückgelehnt.

Nach der vom Publikum eifrig beklatschten Preview geht es wie gewohnt ins Foyer. Dort singt als Frau in Rot Sopranistin Annika Gerhards einfühlsam den »Sommerabend« von Brahms, begleitet am Klavier von Schüller. Zudem erklingt Jazziges vom prächtigen Posaunen-Trio. Es folgt ein »Tosca«-Ausblick. Tenor Michael Ha, der als Maler Mario Cavaradossi die Puccini-Oper am Stadttheater probt (Premiere: 25. März) und als Gast dem Preview-Konzert beiwohnt, gibt kurzerhand die Herzschmerz-Arie »E lucevan le stelle« zum Besten. So leuchten in dieser Sommernacht Ende Februar die Sterne bis zum Schluss.

Auch interessant

Kommentare