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„Eskalation nicht hinnehmen“: Party-Exzess in Gießen hat strikte Konsequenzen

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Von: Kays Al-Khanak

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Bürgermeister Peter Neidel, Uni-Kanzlerin Susanne Kraus und der Leiter der Polizeidirektion Gießen, Stefan Jilg, (v. l.) kündigen nach der aus dem Ruder gelaufenen Party am Wochenende auf dem Uni-Vorplatz Konsequenzen an. © Oliver Schepp

Der Party-Exzess vor dem Uni-Hauptgebäude in Gießen hat Folgen: Mehr Überwachung soll eine erneute Eskalation verhindern. Die Uni denkt sogar über die Sperrung des Platzes nach.

Gießen – Nach der exzessiven Party auf dem Vorplatz des Uni-Hauptgebäudes ziehen die Justus-Liebig-Universität (JLU) Gießen, die Stadt und das Polizeipräsidium Mittelhessen Konsequenzen. Ab Dienstagabend (15.06.2021) soll an der Ludwigstraße verstärkt kontrolliert werden. Neben einem mobilen Einsatzwagen wollen Polizei- und Ordnungsamt weitere Kräfte einsetzen. Während die Polizei eine Videoüberwachung an Wochenenden in Betracht zieht, prüft die Uni als Hausherrin die Möglichkeit, den Platz komplett abzusperren.

Tausend Menschen feierten auf den Uni-Vorplatz in Gießen

Von Samstag auf Sonntag waren vor dem Uni-Hauptgebäude Hunderte Menschen zusammengekommen, um zu feiern. Anwohnerinnen und Anwohner zählten dort bis zu 1000 Menschen. Im Laufe des Abends sei die Stimmung immer aggressiver geworden: Augenzeugen berichteten von grölenden Feiernden, fliegenden Flaschen und Schlägereien. In den umliegenden Höfen hätten sich Feiernde erleichtert oder übergeben. Auf der Ludwigstraße standen Menschen auf der Straße und behinderten den Verkehr. Gegen 5 Uhr löste die Polizei mit einem Großaufgebot die Zusammenkunft auf. Zurück blieb ein Bild der Verwüstung.

Der Uni-Vorplatz hat sich gerade im Sommer in der jüngeren Vergangenheit zu einem Treffpunkt entwickelt. Waren es anfangs Studierende, die dort zusammenkamen, ist das Publikum gerade am Wochenende mittlerweile bunt gemischt. Die Uni reagierte in der Corona-Pandemie unter anderem mit einem Alkohol- und einem Aufenthaltsverbot ab Mitternacht auf dem Platz. Das wird nicht erst seit diesem Wochenende geflissentlich ignoriert. Ein Anwohner, selbst Student, erzählt, dass viele aus dem Umland nach Gießen kommen, um erst in einem Biergarten etwas zu trinken und dann vor dem Uni-Hauptgebäude zu feiern.

Auch die Videoüberwachung des Uni-Vorplatzes in Gießen ist im Gespräch

»Wir haben das schon länger beobachtet«, sagte Bürgermeister Peter Neidel am Montag bei einem Pressegespräch auf dem Vorplatz. »Aber so ein Szenario wie am Wochenende haben wir auch vor der Corona-Pandemie nicht gesehen. Diese Eskalation werden wir nicht hinnehmen.« Auch die JLU-Kanzlerin Susanne Kraus betonte: »Das Problem gibt es seit Jahren, aber mittlerweile ist es unerträglich. Für die Anwohner und die Mitarbeiter der Uni.«

Um kurzfristig die Lage unter Kontrolle zu bekommen, setzen Stadt, Polizei und Uni vor allem auf repressive Instrumente. Wie Neidel sagte, werde die Stadt verstärkt Kräfte des Ordnungsamts abends und am Wochenende einsetzen, um die geltenden Regeln wie das Alkoholverbot durchzusetzen. Aufgestellt werden soll ein mobiler Einsatzwagen. Auch die Polizei wird abends und am Wochenende verstärkt Einsatzkräfte mobilisieren - zum Teil aus ganz Hessen, sagte der Leiter der Polizeidirektion Gießen, Stefan Jilg. Sie sollen am Uni-Vorplatz, aber auch an anderen Treffpunkten in der Stadt kontrollieren. Er kündigte eine »Philosophie der niedrigen Eingreifschwelle« an: Die Beamten werden angewiesen, frühzeitig zu agieren, »anstatt nur noch reagieren zu können.« Außerdem prüft die Polizei eine Videoüberwachung des Uni-Vorplatzes.

Presseerklärung der Uni Gießen sorgt für Irritationen

JLU-Kanzlerin Kraus vermied konkrete langfristige Lösungsvorschläge für die Situation rund um das Uni-Hauptgebäude. Die Uni werde bis zum kommenden Wochenende »weitere Maßnahmen« ergreifen und prüfe aktuell auch die Möglichkeit, den Platz komplett abzusperren. Eine Gastronomie vor Ort sei vor einiger Zeit geprüft, aber letztlich verworfen worden.

Für Irritationen sorgte eine Presseerklärung der Uni, in der der Wunsch geäußert wird, die Stadt möge während der Pandemie ein generelles Alkoholverbot auf öffentlichen Plätzen erlassen. Neidel widersprach: Dieses konkrete Problem gebe es am Universitätsplatz, deren Hausherrin die JLU sei, aber nicht an anderen Orten der Stadt. Dementsprechend sehe man keine Notwendigkeit für ein generelles Alkoholverbot. Das würde zur Lösung dieses speziellen Problems »keinen Beitrag leisten«. Stattdessen griff der Bürgermeister noch einmal die Idee einer Gastronomie auf dem Vorplatz auf: In der Stadt habe man gute Erfahrungen mit »positiver Verdrängung« gemacht. Die Uni indes will bis »nach der Pandemie« warten und dann »die Situation neu bewerten«, wie Kraus sagte.

Uni-Vorplatz in Gießen soll weiterhin der Allgemeinheit zur Verfügung stehen

Mit viel Verständnis reagieren die Vertreter von Stadt, Polizei und Uni auf den Wunsch vieler Menschen, bei steigenden Temperaturen und sinkender Inzidenz zu feiern. Auch gegen ein entspanntes Zusammenkommen auf dem Uni-Vorplatz sei nichts einzuwenden. Stefan Jilg von der Polizei betonte: Ziel müsse es sein, den Platz für die Allgemeinheit zur Verfügung zu stellen, aber gleichzeitig Exzesse wie am Wochenende zu verhindern.

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