Mit schwedischem Schwerpunkt

Gießen (jou). Ein den Horizont bereicherndes Programm mit hierzulande teils kaum bekannten Komponisten präsentierte der aus Schweden stammende, in Rumänien lebende Organist Gustav Jannert-Telcian beim Mittwochskonzert in der Bonifatiuskirche.
Schon allein angesichts der originellen Werkzusammenstellung hätte der Musiker einen größeren Hörerkreis verdient gehabt. Zu Beginn widmete sich Jannert-Telcian an der Eule-Orgel den drei Stücken »Kontraste« des schwedischen Komponisten Erland von Koch. Dieser vertiefte nach seiner Ausbildung in Stockholm seine Studien in Deutschland und Frankreich und wurde 1968 Professor für Harmonielehre an der Stockholmer Musikakademie. Er war Mitglied einer 1958 in der schwedischen Hauptstadt gegründeten Kammermusikvereinigung, welche die Interessen der Traditionalisten vertrat. Im ersten Stück - »Ritmo« - ließ sich der Komponist von »suggestiven Tanzrhythmen« leiten. Jannert-Telcian bot es mit lebhaftem Temperament dar. Demgegenüber war das zweite Stück »Misterioso«, wie der Titel erahnen lässt, durch geheimnisvolle Tonfolgen gekennzeichnet. Durch das gedämpfte Klangbild schien die Musik aus der Ferne zu kommen, erfuhr dann intensive Steigerungen. Regelrecht euphorische Züge nahm in Jannert-Telcians Interpretation der abschließende Freudenhymnus »Giubiloso« an. Im Ganzen zeigten sich Kontraste nicht nur zwischen, sondern auch innerhalb der einzelnen Stücke, etwa in der abwechslungsreichen Dynamik.
Einen weiten Sprung zurück in den Frühbarock vollzog der Organist mit Girolamo Frescobaldis Tanz »Bergamasca«. Bei der mannigfaltigen, mal weihevollen, dann spielerisch-figurativen Variationenfolge erinnerte der Themenanfang an das Weihnachtslied »O du fröhliche«. Gekonnt reizte der Organist die klangliche Nuanciertheit aus.
Durchdachte Dramaturgie
In vertraute Sphären führte Johann Sebastian Bachs »Triosonate d-Moll«. Eleganz und Ebenmaß verbanden sich beim Andante-Kopfsatz. Im »Adagio e dolce« bargen die sangbaren Melodiephrasen besonderen Reiz durch feine klangliche Schwebungen. Demgegenüber fesselte das Vivace-Finale durch Virtuosität.
Für einen beschaulichen Ruhepunkt sorgte das gleichermaßen inspiriert dargebotene Stück »Tiento Nr. 50« des andalusischen Komponisten Francisco Correa de Arauxo. An den Stimmungsgehalt anzuknüpfen schien das Andante aus der »Orgelsinfonie Es-Dur« des schwedischen Komponisten Otto Olsson mit der dezenten, fast zaghaften Melodie. Erneut beeindruckte das feine musikalische Gespür des Organisten; er ließ die 1902 entstandene Komposition in ihrer zeitlosen Schönheit für sich sprechen. Deutlich heraushörbar, in welchem Maße das Werk von der französischen Orgelromantik beeinflusst ist. So auch beim Finale mit dem mächtigen marschartigen Choralthema, das mit einem leiseren Teil in Wechsel trat. Bis zum Schluss faszinierte die durchdachte dramaturgische Konzeption des Organisten. Für seine Hingabe wurde er mit viel Beifall bedacht. FOTO: JOU