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Protest an Uniklinik: Ministerin verweigert Unterschrift – und wird daraufhin ausgebuht

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Von: Sebastian Schmidt

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Angestellte der Uniklinik übergeben Forderungen nach besseren Arbeitsbedingungen, die von tausenden Beschäftigten mitgetragen werden. Sollte das Ultimatum von 100 Tagen überschritten werden, drohen sie mit Streik. © Sebastian Schmidt

Beschäftigte der Uniklinik fordern bessere Arbeitsbedingungen. Bei dem Protest wird die hessische Ministerin für Wissenschaft und Kunst ausgebuht.

Gießen – Hunderte Beschäftigte des Universitätsklinikums Gießen und Marburg (UKGM) hatten sich gestern vor dem Haupteingang des Krankenhauses versammelt, um an die Geschäftsführung der Klinik und an die Politik eine Absichtserklärung zu übergeben. Die Angestellten fordern darin bessere Arbeitsbedingungen und einen stärkeren Kündigungsschutz, drohen andernfalls sogar mit Streik.

Der Großteil der Beschäftigten hatte im Vorhinein die Forderungen der Gewerkschaft Verdi unter dem Titel »Gebraucht, beklatscht, aber bestimmt nicht weiter so!« unterschrieben, und die Klinikleitung zeigte sich nun zumindest zu Verhandlungen bereit.

4163 Unterschriften von Mitarbeitern an den Standorten Marburg und Gießen prangten auf der ausgedruckten Absichtserklärung. Und wie eine Sprecherin von Verdi sagte, sind das mehr als 70 Prozent der Belegschaft. Alleine 153 Arbeitsbereiche am Standort Gießen hätten sich geschlossen hinter die Forderungen der Gewerkschaft gestellt.

Uniklinik Gießen: Langes Warten kostet Patienten kostbare Lebenszeit

Es geht dabei zum einen um einen Entlastungstarifvertrag, der nicht-ärztlichen Mitarbeitern einen Bonus verspricht, wenn sie unterbesetzt arbeiten müssen. Zum anderen aber auch um eine stärkere Beschäftigungssicherung und um ein Verbot von Ausgliederungen.

Vor dem Haupteingang hatten Mitarbeiterinnen zunächst aber noch einmal eindrücklich von der Belastung in ihrem Arbeitsalltag geschildert. Eine Auszubildende von der Kinderstation der Uniklinik erzählte so, wie sie mehrfach in Tränen ausgebrochen war, zum Beispiel als die angehende Krankenpflegerin alleine ein Neugeborenes versorgen sollte, obwohl sie noch nicht wusste wie das geht. Eine Mitarbeiterin der Palliativ-Station erzählte, wie Patienten kurz vor dem Tod durch unnötig langes Warten kostbare Lebenszeit »gestohlen« wird.

Bei den anwesenden Beschäftigten der Klinik hinterließen diese Schilderungen hörbar Eindruck. Und so hatte Angela Dorn (Grüne), die hessische Ministerin für Wissenschaft und Kunst, vielleicht auch keinen leichten Stand, als sie nach den Angestellten auf die Bühne trat. Sie bedankte sich zwar zunächst für die »berührenden Reden«, ging dann jedoch dazu über, die Verhandlungserfolge zwischen dem Land Hessen und dem Klinikbetreiber, der Rhön AG, über die weitere Finanzierung des UKGM zu loben. Das kam bei den hunderten Anwesenden bereits nicht so gut an, und der ein oder andere Buh-ruf war zu hören.

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Die Stimmung kippte vollends, als Dorn verneinte, eine symbolische Unterstützungsunterschrift für die Klinikmitarbeiter zu leisten. Ihre Begründung dafür schwankte zwischen »Was ich unterschreibe, gilt dann«, und dass die Tarifverhandlungen nicht in ihrer Verantwortung liegen. Unter lauten Buhrufen und Pfiffen verließ die Ministerin anschließend die Bühne.

Die Landtagsabgeordnete Nina Heidt-Sommer (SPD) tat sich mit der Unterschrift weniger schwer, genauso wie Oberbürgermeister Frank-Tilo Becher (SPD). Selbst Frederik Bouffier, Gießener Landtagskandidat der CDU, leistete die Unterschrift und bekam dafür Beifall. Zumindest einer Anwesenden gefiel diese Geste jedoch nicht, und sie rief: »Das kostet den doch nichts.« Auch Gunther Weiß, Geschäftsführer des UKGM in Gießen, trat schließlich auf die Bühne und versprach den Anwesenden, mit ihnen über die Forderungen zu verhandeln. Weiß: »Wir sind bis jetzt noch immer zu einem Ergebnis gekommen.«

Zum Abschluss kam es dann zur Übergabe der Unterschriftenliste an die Vertreterinnen und Vertreter aus Politik und Geschäftsführung. Die Beschäftigten der Uniklinik bekräftigten daraufhin das Ultimatum von 100 Tagen für ihre Forderungen, in dem sie lauthals riefen: »Die Zeit läuft! Die Zeit läuft!« (Sebastian Schmidt)

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