Mehr Sozialberatung für Flüchtlinge

Gießen (kw). Der Evangelische Kirchenpräsident Volker Jung hat die Flüchtlingsarbeit im Welcome Center gewürdigt. Auch gab es Neuigkeiten in Sachen Asylverfahrensberatung.
Gießen (kw). Bei seinem letzten Besuch vor zwei Jahren sei das Anschwellen des Flüchtlingsstroms abzusehen gewesen. Sich darauf einzustellen, sei »politisch nicht gewollt« gewesen. In der aktuellen Flaute sollte man auf keinen Fall die Aufnahmekapazitäten reduzieren: Dazu mahnte Volker Jung, Kirchenpräsident der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN), gestern bei einem Besuch des neuen Welcome Center am Meisenbornweg. Dekan Frank-Tilo Becher kündigte an, dass an beiden Gießener Standorten der Hessischen Erstaufnahmeeinrichtung – am Meisenbornweg, auf lange Sicht auch in der Rödgener Straße – wieder Sozialräume eingerichtet werden sollen.
Die Petrusgemeinde musste die traditionelle Teestube vor etwa anderthalb Jahren aufgeben, weil die Räume für Betten gebraucht wurden. Dass kaum noch Sozialarbeit möglich war, habe mutmaßlich zum Anstieg der Konflikte beigetragen, erläuterte Pfarrer Matthias Leschhorn.
Die evangelische Landeskirche werde im nächsten Jahr 21 Millionen Euro zusätzlich für Flüchtlingsarbeit ausgeben, unterstrich Jung. Von diesem Geld werde viel nach Gießen fließen. So sollen demnächst zwei hauptamtliche Stellen für Asylverfahrensberatung zur Verfügung stehen. Zurzeit sei es eine halbe und eine weitere Dreiviertelstelle auf Grundlage eines befristeten Projekts, erklärte Becher. Fünf Millionen Euro extra will die Kirche in die Weiterbildung ihrer Erzieherinnen und Erzieher stecken, um die Integration der Flüchtlingskinder in den 600 EKHN-Kitas zu fördern. Besonders wichtig sei auch die professionelle Begleitung und Supervision der Ehrenamtler.
Die Aufnahme vieler Flüchtlinge werde ein »Dauerthema« sein, unterstrich Jung. Das Welcome Center sei ein »wunderbares Beispiel« dafür, wie man sie bewältigen kann: In einem Miteinander von Haupt- und Ehrenamtlichen, von Staat, Kirche und anderen Hilfsorganisationen, in diesem Fall dem Roten Kreuz. Beeindruckt zeigte sich Jung vom Gespräch mit etwa einem Dutzend der 450 Freiwilligen, die im Welcome Center im Einsatz sind. »Größte Anerkennung« gebühre der Stadt Gießen und ihren Bürgern für den Umgang mit bis zu 5500 Asylbewerbern in der Erstaufnahme in diesem Sommer.
Es sei eine »offene und ehrliche« gesellschaftliche Debatte notwendig über ein langfristiges deutsches Zuwanderungskonzept, meinte der Kirchenpräsident. Seiner Ansicht nach dürfe es für humanitäre Aufnahme keine Obergrenze geben. Arbeitsmigranten sollte Deutschland geregelter aufnehmen. Wie viele, könne man »großzügig« berechnen; schließlich gebe es auch Abwanderer aus der Bundesrepublik.